Philipper 3,1-11
Guten Tag! Ich freue mich sehr, dass wir heute zusammen Gottesdienst feiern. Wir betrachten heute mit Philipper 3a einen sehr anspruchsvollen Text. Ich wünsche mir dennoch, dass wir bereit sind, uns auf das einzulassen, was Paulus sagt. Möge der HERR uns nun ganz in seine Gegenwart und in seine Liebe hineinnehmen. Im heutigen Text geht es vor allem um die Frage nach dem, was das Wichtigste im Leben ist. Wer ist das für uns?… Für Paulus war es klar: JESUS. Auf ihn richtete er sein Leben und Sterben, sein Lieben, sein Tun, sein Ziel, sein Wollen und sein Wünschen aus. Lesen wir gemeinsam den Titel meiner Botschaft: „Ich will Christus erkennen.“ Und lesen wir zusammen die Leitverse, Verse 10 und 11:
Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleich gestaltet werden, damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten.
Philipper 3,10-11
Auch diesmal möchte ich euch zu Beginn eine Geschichte erzählen, die ich im Internet gefunden habe. Sie geht um den diametralen Sichtwechsel auf den Wert der Dinge. Eines Tages nahm ein Mann seinen Sohn mit in ländliches Gebiet, um ihm zu zeigen, wie arme Leute leben. Vater und Sohn verbrachten einen Tag und eine Nacht auf einer Farm einer sehr armen Familie. Als sie wieder zurückkehrten, fragte der Vater seinen Sohn: „Wie war dieser Ausflug?“ – „Sehr interessant!“ antwortete der Sohn. „Und hast du gesehen, wie arm Menschen sein können?“- „Oh ja, Vater, das habe ich gesehen.“ – „Was hast du also heute gelernt?“ fragte der Vater. Und der Sohn antwortete: „Ich habe gesehen, dass wir einen Hund haben und die Leute auf der Farm haben vier. Wir haben einen Swimmingpool, der bis zur Mitte unseres Gartens reicht, und sie haben einen See, der gar nicht mehr aufhört. Wir haben prächtige Lampen in unserem Garten und sie haben die Sterne. Unsere Terrasse reicht bis zum Vorgarten und sie haben den ganzen Horizont.“ Der Vater war sprachlos. Und der Sohn fügte noch hinzu: „Danke Vater, dass du mir gezeigt hast, wie arm wir sind.“ ((Quelle: https://www.lichtkreis.at/gedankenwelten/weise-geschichten/arme-leute/))
Mir gefällt diese Geschichte sehr gut. Sie findet zwar in einem ganz anderen Kontext statt als in demjenigen vom heutigen Wort. Aber sie hat Parallelen zu Paulus’ Geschichte. Manchmal passiert etwas, das unsere Sicht auf die Dinge um 180° verändert. Was vorher wertvoll war, verliert seinen Glanz. Was richtig war, wird plötzlich falsch. Was vorher verachtenswert war, wird auf einmal zum Wesentlichen. Die Vorzeichen drehen sich. Auf einmal ist es etwas anderes, das zählt. Für Paulus passierte dieser Sinneswandel, als er Jesus persönlich begegnete. Er war ein Verfolger der Christengemeinde und somit auch ein Verfolger Jesu gewesen. Bis ihm Jesus auf dem Weg nach Damaskus in einem hellen Licht erschien. Er stellte sich als den vor, den Paulus verfolgte. Diese Begegnung hatte Paulus tief geprägt. Er war der allergrösste und brutalste Verfolger Jesu und der Seinen gewesen. Und nun wollte ihn Jesus so kostbar als Apostel gebrauchen, um in der ganzen Welt Jesu Liebe und Jesu Lehre weiterzugeben?! Das war ein unendliches Übermass an Gnade. Da blieb Paulus nichts anderes, als sich fortan vollkommen in den Dienst Jesu zu stellen. Die Früchte, die das brachte, sind unter anderem im heutigen Wort festgehalten.
Teil 1: Wir verlassen uns nicht auf Fleisch (Verse 1-6)
Lesen wir zusammen den Vers 1: «Weiter, liebe Brüder: Freut euch in dem HERRN! Dass ich euch immer dasselbe schreibe, verdriesst mich nicht und macht euch umso gewisser.» Als Paulus das schrieb, war er im Gefängnis. Ihm stand ein Prozess bevor, und er wusste nicht, wie hart seine Strafe ausfallen würde. Auch gab es Menschen, die die Gunst der Stunde nutzten und sich selber als Prediger hervortaten, um Paulus damit zusätzlich zu bedrücken. Aber was war Paulus in dieser Situation? Fröhlich. Er freute sich! Denn er war in dem HERRN. Gott und Jesus waren bei ihm. Was immer mit ihm geschah, in welcher Lage er auch war: Er vertraute dem HERRN, dass der das Beste daraus machte. Für Paulus, und für das Evangelisierungswerk. Die Freude am HERRN ist unsere Stärke. Sie ist die beste Waffe gegen das, was sich immer wieder in unsere Herzen einzuschleichen versucht: Zweifel, Murren, Undank, Klagen, allerlei negative Gefühle. Wir dürfen, egal in welcher Situation wir sind, Jesus auf unserer Seite wissen. Er ist Herr der Lage, auch wenn wir es mal nicht sind. Sind wir in einer Schwierigkeit, dürfen und sollen wir zu ihm kommen. Ihn um Hilfe bitten, ihn nach seinem Willen fragen. Unseren Kummer bei ihm deponieren, damit wir wieder das Herz frei haben, ihm und den Menschen um uns zu dienen. Was übrigens gut tut, weil wir dann nicht auf uns selber schauen, sondern über den Tellerrand unserer verzwickten Lage hinaus. Sich im HERRN zu freuen, ist aber nicht immer einfach. Es ist das Ergebnis eines geistlichen Kampfes. Je schwieriger die Situation ist, desto weniger leicht ist es, trotz dieser Freude zu haben. Es ist nur dann möglich, wenn wir die Orientierung am HERRN haben. Wenn wir unsere Lage geistlich betrachten. Nicht mit persönlicher Verzweiflung, sondern mit Gottes Hoffnung. Nicht als Gottes Strafe, sondern als Herausforderung, etwas aus der Situation zu machen und Gott ernsthaft zu suchen. Im Glauben zu wachsen und Neues über Gott und über uns selbst zu erkennen. Der HERR sieht das andere Ende des Tunnels; er kennt die Lösung für unser Problem schon. Und im dunkelsten Tunnel ist und bleibt er das Licht an unserer Seite. Und ja, wir dürfen in einer Situation weinen, schreien und Gott unser Leid klagen, auch mit krassen Worten. Aber dabei bleibt es nicht: Danach gilt es, die Freude am HERRN wieder in unser Herz zu lassen. Durch sein tröstendes Wort, durch Beten, durch das Spüren seiner Halt gebenden Gegenwart.
Was hindert uns – oder was hinderte die Gemeinde in Philippi – daran, in dieser Orientierung zu bleiben? Lesen wir zusammen den Vers 2: «Nehmt euch in Acht vor den Hunden, nehmt euch in Acht vor den böswilligen Arbeitern, nehmt euch in Acht vor der Zerschneidung!» In der Umgebung der Gemeinde gab es also ziemlich viele schlechte Einflüsse. Vor ihnen sollten sie sich in Acht nehmen. Mit «Hunden» waren normalerweise die Heiden gemeint. Klar, sollten sich die Christen in Philippi nicht in Götzendienst und andere heidnische Machenschaften reinziehen lassen. Aber das war nicht ihr schlimmstes Problem. Paulus redet hier vor allem von Irrlehren, die damals kursierten. Irrlehrer, das waren vor allem Judenchristen, die meinten, dass jeder Heide, wenn er gerettet werden wollte, erst einmal ein Jude werden sollte. Und damit beschnitten und dem Gesetz des Mose untertan. Das war Gift für die Gemeinde, deren Mitglieder heidnischer Abstammung waren. Die Leute, welche diese Lämmer Gottes durch ihre Lehre irre machten, waren für Paulus nichts als Gottlose; daher betitelte er sie als Hunde. Sie waren böswillige Arbeiter: Im Deckmantel der guten Christen kamen sie, um Unruhe zu stiften und Jesu Gnade für die Heiden in Frage zu stellen. Sie waren die Verschneidung: Sie verstanden die Beschneidung falsch und wollten sie den Gläubigen heidnischen Ursprungs aufzwingen. Damit zerschnitten sie Herzen, die sich Gottes Liebe sicher geglaubt hatten. Zerschnitten das Gewissen von Menschen, die Jesus dankbar für seine bedingungslose Akzeptanz gewesen waren. Und zerschnitten die Gemeinschaft der Gemeinde in Philippi, weil sie sie uneins und verwirrt machten.
Was ist denn nun die wahre Beschneidung? Lesen wir zusammen den Vers 3: «Denn wir sind die Beschneidung, die wir im Geist Gottes dienen und uns Christi Jesu rühmen und uns nicht verlassen auf Fleisch». Die wahre Beschneidung haben, ja sind diejenigen, die so gesinnt sind, wie es der Gemeinschaft in Jesus Christus entspricht. Das sind wir, wenn wir Gott dienen, aber im Sinne seiner Liebe. Wenn wir sein Herz verstehen und wenn wir zuerst fragen, was er will, bevor wir handeln. Das sind wir, wenn wir uns nicht selber loben, sondern Gott loben und dankbar sind für seine Liebe und Gnade. Wenn wir nicht stolz auf Errungenschaften sind, sondern darauf, Gottes Kinder zu heissen. Nicht, weil wir Gott selber gesucht haben, sondern weil Er uns gesucht und gefunden hat.
Die wahre Beschneidung ist die Beschneidung des Herzens. Das ist die Demut, die Orientierung am HERRN, die Selbstverleugnung. Wie die körperliche Beschneidung weh tut, so tut auch die Beschneidung des Herzens bisweilen weh. Wir trennen uns von Sünden. Wir gehorchen Gott gegen Widerstände. Wir beten für Menschen, die uns etwas angetan haben. Aber am Schluss bringt uns das wahre Freude und reichen Segen. – Das heisst nicht, dass die körperliche Beschneidung nichts ist. Sie war das Zeichen des Bundes Gottes mit seinem Volk im Alten Testament. So wie die Taufe heute, ist sie ein Bekenntnis, ein Akt der Bekehrung, ein Beweis der Zugehörigkeit zum HERRN. Die Taufe mit Wasser kann zur Taufe mit dem Heiligen Geist führen. Gott kann durch die Taufe wirken, auch auf unerwartete, ja vielleicht unverdiente Weise. Das weiss ich, weil ich es selber erlebt habe. Als ich mich 2013 taufen liess, wisst ihr, was mein Motiv dazu war? Gar keine edlen geistlichen Wünsche. Sondern ich wollte bei meinen griechischen Freunden nicht als Barbarin dastehen. Griechen sind christlich orthodox, und ungetauft sein ist für sie mit verachtenswerter Gottlosigkeit gleichzusetzen. Also liess ich mich wegen ihnen taufen. Aber dadurch erst wurde mir meine Identität als Gottes Kind bewusst. Ich versprach Gott, dass er fortan in meinem Leben wirklich eine Rolle spielen sollte. Das war Gottes Wirkung. Er hat seither meinen Wunsch, ein praktisches Glaubensleben zu führen, noch vielfach verstärkt.
Paulus rühmte sich nicht seines Fleisches. Er hätte als Pharisäer, als Jude, als Ur-Israelit, jeden Grund dafür gehabt. Lesen wir gemeinsam die Verse 4 bis 6: «obwohl ich mich auch des Fleisches rühmen könnte. Wenn ein anderer meint, er könne sich auf Fleisch verlassen, so könnte ich es viel mehr, der ich am achten Tag beschnitten bin, aus dem Volk Israel, vom Stamm Benjamin, ein Hebräer von Hebräern, nach dem Gesetz ein Pharisäer, nach dem Eifer ein Verfolger der Gemeinde, nach der Gerechtigkeit, die das Gesetz fordert, untadelig gewesen.» Er war DER Vorzeige-Jude. Er hatte den besten Hintergrund, den es gab. Alle hatten zu ihm aufgeschaut: «Wow, ist der fromm!» Er war Saulus, was heisst: der von Gott Erbetene. Ein Wunschtraum der orthodoxen Juden. Aber er änderte seinen Namen in Paulus, was «klein, gering» bedeutet. Er verzichtete auf seine Privilegien. Er verliess sein altes Leben und begann ein neues, noch besseres. Er machte sich klein. Um jemand anderes gross zu machen: Jesus! Was es damit auf sich hat, beschreibt Paulus nun in den folgenden Versen.
Teil 2: Damit ich Christus gewinne (Verse 7-11)
Lesen wir gemeinsam die Verse 7 bis 9: «Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet. Ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, damit ich Christus gewinne und in ihm gefunden werde, dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, sondern die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird.»
In seinem Leben vor Jesus hatte Paulus für den Gewinn gelebt. Nicht für Geld und Reichtum, sondern für den Ruhm vor den Menschen. Und vermeintlich auch für den vor Gott. Er hatte geglaubt, dass er dem HERRN einen Gefallen tun würde, wenn er die Christen, die er für eine Sekte hielt, verfolgte. Das geschah darum, weil er Gott nicht kannte. Er ignorierte die Liebe des HERRN, der Gnade vor Recht walten lässt. Der seinen einzigen Sohn Jesus Christus für uns hingab, den er für unsere Schuld die Todesstrafe bekommen liess. Damit wir die Vergebung der Sünden haben! Paulus hatte wie ein typischer Pharisäer gelebt: gesetzestreu bis zum Geht-nicht-mehr. Er hatte geglaubt, damit das ewige Leben im Himmelreich auf sicher zu haben. Er war dem Gewinnstreben, dem Einhalten des Gesetzes, dem Leistungsprinzip verhaftet. So hätte er aber die Gnade Gottes, die Errettung, beinahe verpasst. Wenn Gott ihm nicht geholfen hätte mit jener eindrücklichen Begegnung auf dem Weg nach Damaskus…
Daher machte Paulus eine Kehrtwende um 180°. Jesus, die erfahrene Liebe und Gnade Gottes, sie veränderte seine Lebenseinstellung und sein Lebensziel diametral. Paulus hatte die Chance, nochmals ganz neu anzufangen, und er packte diese beim Schopf, koste es, was es wolle. Sein früheres Streben nach Ansehen und Gesetz einhalten war für ihn ab dann nichtig, hinfällig. Er sah es als Schaden, ja als Dreck an. «Dreck» ist hier übrigens eine diplomatische Formulierung des Übersetzers – der ursprüngliche Ausdruck ist ein Wort, das menschliche Exkremente bezeichnet, also das Sch-Wort. Paulus warf all das hinter sich, in den Müll, auf welchem Gottlosigkeit und Götzendienst liegen. Warum das? Er wollte nichts mehr annehmen oder gar leben, das ihn daran gehindert hätte, zu Jesus zu kommen! In Jesus hatte er einen unsagbar grossen Schatz gefunden, für den er bereit war, alles hinzugeben. Die Erkenntnis Christi hatte er in überschwänglicher, himmlischer, eindrücklichster Weise erlebt. Darum musste er Jesus haben und alle Hindernisse am Bekommen von dessen Segen aus dem Weg räumen. Nichts sollte ihn mehr blind oder unfrei machen, da er Licht, Erkenntnis und wahre Freiheit in Jesus gefunden hatte!
Tatsächlich ist ein Leben in Jesus mit nichts auf der Welt zu vergleichen. Dagegen verlieren alle weltlichen Dinge ihren Glanz und ihren Geschmack. Ich habe es selber schon erleben dürfen, aus Gottes wunderbarer Gnade: Ein Leben in Jesus ist von Fülle, innerlichem Reichtum, Freude und einer verblüffenden Authentizität geprägt. Plötzlich fragst du nicht mehr danach, was die anderen von dir denken; du bist einfach du selbst und sprichst frei und offen mit deinen Mitmenschen. Auf einmal machst du dir keine Sorgen mehr wegen dem, was kommt, sondern weisst: Was immer passiert, der HERR ist da und führt alles zum Besten. Das ist eine ungeahnte Freiheit, weil dir alle Steine der Sorgen und der Zukunftsängste vom Herzen gefallen sind. Stattdessen breitet sich vor dir die Zukunft als vielgestaltiges, äusserst spannendes Wirkungsfeld aus. Die Belastungen, die dein Herz gestern noch gedrückt haben, sind weg: Du bist durch Jesus versöhnt. Mit Gott, mit deinen Mitmenschen, mit dir selber. Ich kann mit meinen dürftigen Worten nicht ausdrücken, wie sehr es sich lohnt, auf ein solches Leben zu hoffen und dafür geistlich zu kämpfen! Und sich vom HERRN helfen zu lassen, es zu erreichen. Es sich aus seiner Liebe schenken zu lassen.
Paulus wollte Jesus gewinnen und in ihm gefunden werden. Jesus gewinnen: Er wollte seine Liebe im Herzen haben und an andere weiterfliessen lassen. Die Ehre bei ihm allein und schliesslich die ewige Gemeinschaft mit ihm im Himmelreich gewinnen. Das ist wahrer Gewinn, denn er ist unvergänglich. In Christus gefunden werden: Paulus strebte die engste, tiefste überhaupt mögliche Beziehung mit Jesus an. Er wollte in Jesu Herzen einen Platz haben und als zu ihm gehörig erkannt werden. Er war von Jesus gefunden worden und wollte Jesus selber auch suchen, für sich haben. Er wollte sich ihm so verbunden wie nur möglich fühlen. Alle sollten wissen, zu wem er jetzt gehörte: nicht zu den gesetzlich lebenden geistlichen Leitern, sondern zu Jesus. Von dessen Liebe allein wollte er abhängig sein, auf ihn angewiesen, aus seiner Gnade leben. Paulus hatte erkannt, dass nur Jesus unser Erretter ist. Wir können das Gesetz Gottes nicht abschliessend einhalten. Also brauchen wir jemanden, der für uns in die Bresche springt, wenn wir Fehler machen, Sünden begehen, etwas nicht erfüllen können. Und das ist Jesus, der sich am Kreuz für uns geopfert hat. Durch ihn kommen wir in den Himmel. Dementsprechend können wir uns auch nicht für unsere Taten rühmen; die alleine nützen uns nichts, wenn wir nicht Jesus im Herzen haben. Ohne unser Zutun haben wir Jesu Errettungsgnade bekommen. Wenn wir nun Gottes Wort halten, dann tun wir es aus Liebe zum HERRN, um ihm etwas zurückzugeben und um ihm Freude zu bereiten.
Dementsprechend macht uns das Gesetz nicht gerecht, sondern nur unser Glaube. Das hatte auch Paulus erkennen müssen. Er hatte seine eigene Gerechtigkeit, also die Selbstgerechtigkeit, zelebriert. Was ihn zum brutalen Verfolger der Christen gemacht hatte. Schmerzhaft hatte er erkennen müssen, dass er auf dem Holzweg gewesen war. Aber dann hatte er sich ganz zu Jesus bekehrt. Und lebte fortan demütig – daher auch sein Name Paulus – und immer in der Dankbarkeit für Gottes unverdiente Gnade. Er wäre mit seinen Machenschaften beinahe in der Hölle gelandet, aber Gott hatte ihn gerettet, auf den richtigen Weg gebracht und ihm die beste Aufgabe für sein Erlösungswerk gegeben. Paulus war unwissentlich der schlimmste Sünder und einer der bösesten Menschen gewesen in seinem blinden Eifer – und doch hatte Jesus ihn gesehen, ihm eine neue Chance gegeben und ihn zum grössten aller Apostel berufen. Wenn das mal nicht das absolute Maximum an Gnade ist! Ja, Jesus spricht auch dich gerecht, wenn du ihn annimmst. Auch wenn du ein noch so grosser Sünder bist. Er wird dir keine einzige Sünde anrechnen, wenn du dich zu ihm hinwendest und fortan mit ihm lebst. Jesus hat dann schon vergessen, was du getan hast. Und er hat riesige Freude daran, dass du bei ihm bist. Denn er liebt dich genauso wie du bist. Dieses bedingungslose Annehmen, diese absolute Liebe, dieses sich selbst sein dürfen, das Wissen, sich niemals seine Liebe verspielen zu können – das gibt es nur bei Jesus!
Paulus wusste diese Liebe Jesu extrem zu schätzen. Er wollte davon immer mehr haben. Man kann von Jesus nicht genug bekommen. Paulus wollte seinen Glauben leben, mit allen Implikationen, die das mitbrachte. Lesen wir gemeinsam die Verse 10 und 11: «Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleich gestaltet werden, damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten.» Wir denken, dass Paulus, der Super-Apostel, Jesus doch schon perfekt kannte. Aber dem war nach Paulus’ eigener Ansicht nicht so. Er sah sich keineswegs als vollkommen im Glauben. Demütig sah er sich immer noch als Lernenden, als höchst menschlicher Nachfolger auf dem Pfad Jesu Christi. Wir können Jesus in diesem Leben noch nicht vollständig kennen. Aber immer besser. Und einst werden wir ihn persönlich sehen, und dann werden wir ihn kennen, wie er uns kennt. Dann wird es ganz und gar nichts mehr geben, das uns von ihm trennt.
Paulus wollte nicht nur Jesu Liebe bekommen. Er wollte selber dafür das Erforderliche tun. Und wenn er damit auch bis zum Äussersten gehen musste; es war ihm das wert. Er wollte am eigenen Leib die Kraft der Auferstehung Christi erleben. Nicht nur wollte er im Leben neu sein, sein neu geschenkt bekommenes Leben in Jesus anpacken. Sondern er hoffte auch auf das Leben nach dem Tod. Darum konnte er auch sagen: «Damit ich gelange zur Auferstehung der Toten». Wir brauchen ebenfalls, wie er, die lebendige Hoffnung auf das ewige Leben in Gottes Reich. Es ist eine wunderbare Gewissheit. Aber nicht in der Art, wie es Paulus in seinem Pharisäer-Leben gedacht hätte: «Ha, ich habe die Errettung sowieso auf sicher, weil ich dafür gesorgt habe!» Sondern eine ganz andere, liebende, demütige Gewissheit, wie sie Paulus in Jesus hatte: «HERR, ich bin nicht vollkommen, aber dank deiner Gnade bin ich errettet; ich will in Ewigkeit bei dir sein.»
Paulus’ Leben war erfüllt von der Gnade des HERRN. Aber es war alles andere als ein Zuckerschlecken. Überall begegneten Paulus harte Verfolgungen. Er wurde geschmäht, verspottet, misshandelt, ins Gefängnis geworfen, einmal wurde er sogar fast zu Tode gesteinigt. Aber das schweisste ihn nur noch viel mehr mit Jesus zusammen, der doch auch gelitten hatte für uns. Leiden für das Evangelium, das ist wahre, lebendige Nachfolge Jesu. Sie bringt grosse Freude und Frieden inmitten des Leidens. Grosse innerliche Freiheit inmitten der Gefangenschaft. Äussere Bedingungen werden unwichtig angesichts der Quelle der Freude und des Lebens, die uns Jesus gibt. Paulus war Jesus gehorsam bis in den Tod, wie auch Jesus Gott gehorsam gewesen war bis in den Tod. Daher war er Jesus ähnlich, auch noch im Sterben. Er wollte sich aufopfern, hingeben, sah das irdische Leben als Einsatz dafür und nicht als Wert an sich. Wer das Leben behalten will, der wird es verlieren; wer es aber verliert um Jesu willen, der wird es gewinnen.
Und noch einen Aspekt hat das Leiden im Sinne Jesu: das Leiden angesichts der Gottesferne vieler Menschen. Auch dieses wollte Paulus annehmen, wollte ein Herz haben wie Christus. Jesus musste über die Städte seufzen, die nach seinen Wundertaten nicht Busse getan hatten. Er weinte beim Anblick von verzweifelten Menschen, die um jemanden trauerten und dachten, mit dem Tod sei alles zu Ende. Er dachte noch am Kreuz an die inneren Qualen der Menschen, die ihn gekreuzigt hatten: «Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!» Er sah nicht ihre Bosheit oder was sie ihm antaten, sondern ihre Ferne von ihm. Wenn der HERR in unserem Herzen fehlt, an wen wollen wir uns dann in der Not, in der Unsicherheit, im Schmerz, in der Einsamkeit wenden? Wen haben wir sonst, zu dem wir Tag und Nacht kommen können? Auf wessen Liebe können wir uns immer, und für immer, verlassen? Wie schrecklich das ist, wenn jemand Gott und Jesus nicht hat! Ich selber habe auch schon erlebt, wie ich Mitleid mit solchen Menschen hatte. Einmal davon war, als ich mit einem schlimmen Abszess im Krankenhaus lag. Ich konnte zwar auch um die Verbesserung meiner Situation beten. War ich alleine, suchte ich die Gemeinschaft mit Gott. Aber in meiner Nähe hörte ich Menschen seufzen, stöhnen und schreien. Das tat mir weh: Wen hatten diese Menschen? Waren sie ganz und gar verlassen? Wo nahmen sie Hoffnung auf Heilung her? Ich betete für sie. Und meine Gebete wirkten, soweit ich das mitbekam. Wer bin ich kleines, sündiges Wesen, dass Gott mir eine solche Wirkungskraft gibt? Das liegt daran, dass er meinen Schmerz für diese Leute gesehen und belohnt hat.
Von einem ganzheitlichen Glaubensleben bin ich leider noch ein Stück entfernt. Aber ich bin auf dem Weg dazu. Eine Lernende, eine begnadigte Sünderin. Möge Gott mir und uns allen ein offenes Herz für Jesus schenken, sodass wir unser Herz und unser Leben ihm geben. Möge er uns zeigen, welche unendliche Fülle, welcher Reichtum, welche Freiheit, welcher Frieden in einem Leben mit ihm ist! Wir sind nicht vollkommen. Und der HERR erwartet von uns auch nicht, dass wir ein bestimmtes Glaubenslevel erreichen müssen. Im Hier und Jetzt liebt er uns, nimmt uns an, wie wir sind. Freuen wir uns an ihm, über ihn, in ihm!
Zum Schluss:
Lesen wir nochmals die Leitverse, Verse 10 und 11: «Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleich gestaltet werden, damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten.»
Freut euch in dem HERRN! Tut ihr das? Versucht es, verinnerlicht es! Es gibt so viele Gründe, sich über Gott und Jesus zu freuen. Seine Liebe, seine Gnade, seine Gegenwart. Sein Wort, seine Lehre, sein Segen. Seine Allmacht, seine Führung, seine Souveränität. Und ganz besonders sein Sohn Jesus, den er uns geschenkt und den er für uns geopfert hat. Lassen wir die Freude am HERRN stärker sein als alle Zweifel, alles Murren, allen Unwillen, alle negativen Gefühle. Möge Gottes Güte uns alle zur Busse leiten bzw. in der Bussfertigkeit behalten. Er hat uns berufen, damit wir Jesu Jünger/innen sind. Wir sind seine Hoffnung, seine Lichter in der geistlich finsteren Welt. Packen wir das neue Leben an, das uns Gott geschenkt hat. Machen wir etwas daraus – im Dienste des Evangeliums und zur grossen Freude Gottes. Die Gegenwart Jesu, seine Gnade und seine Führung seien mit jedem und jeder von uns!