Die Salbung in Betanien

Johannes 12,1-11

Guten Morgen! Es ist wunderschön, dass wir heute wieder zum Gottesdienst versammelt sind. Wir feiern ihn gemeinsam. So wie vor rund 2000 Jahren, an einem denkwürdigen Tag kurz vor Passa, Jesus ein Festmahl gehalten hat mit anderen zusammen. Dazu wurde er von drei Geschwistern eingeladen: von Lazarus, Maria und Marta. Möge es heute wie das fröhliche Einnehmen eines Mahls sein, wenn wir nun Gottes Wort hören. Nämlich dass wir bei den Worten, die wir heute in der Bibel lesen, genauer hinhören. Und darin die Liebe und die Hingabe erkennen, die Jesus für uns hat. Möge uns der HERR unsere Herzen weit dafür öffnen. Möge er uns erfüllen mit Dankbarkeit für das, was er für uns getan hat. Seine Liebe für uns ist reichhaltig und im Überfluss vorhanden. Verschwenderisch, könnte man sagen. Heute blicken wir auch auf eine Person, welche diese Liebe erkannte – und erwiderte. Das ist Maria, die Schwester von Lazarus, den Jesus von den Toten erweckt hatte. Lesen wir zusammen den Titel meiner Botschaft: «Die Salbung in Betanien». Und lesen wir gemeinsam den heutigen Leitvers, Vers 3.

Da nahm Maria ein Pfund Salböl von unverfälschter, kostbarer Narde und salbte die Füsse Jesu und trocknete mit ihrem Haar seine Füsse; das Haus aber wurde erfüllt vom Duft des Öls.

Johannes 12,3

Es war vor wenigen Wochen, kurz nach zehn Uhr abends. Die letzten Läden im Bahnhof hatten soeben geschlossen. Da kam eine Frau des Weges, die wollte gerade nach Hause gehen. Als sie über den Bahnhofplatz ging, fiel ihr Auge auf einen Mann, der in Abfalleimern nach etwas Brauchbarem suchte. Es war mitten in der Corona-Pandemie, aber die Not des Mannes war so gross, dass er bereit war, zu Ende zu verbrauchen, was andere angefangen hatten, in diesem Fall Zigarettenstummel. Die Frau hatte Mitleid mit dem Mann und sprach ihn an. Sie erfuhr über seine missliche Lage und wollte ihm helfen. Zwar steckte die Frau mitten im Januarloch und musste für sich jeden Franken zweimal umdrehen. Oft musste sie in jenen Tagen mit gerade mal zwei Franken für eine Mahlzeit auskommen. Aber diesem bedürftigen Mann gab sie spontan fünfzig Franken. Nun, dieser Mann war natürlich nicht Jesus, sondern ein der Frau zuvor ganz Unbekannter. Aber sie konnte ihm helfen, in der Dankbarkeit gegenüber Gott, der sie trotz allem versorgen würde. Im festen Vertrauen auf ihren himmlischen Vater. Ihre Dankbarkeit gegenüber dem HERRN, aber auch ihre Liebe, die sie von diesem bekommen hatte, gab sie an einen Mitmenschen weiter, so wie sie es vermochte und wie es ihr Herz ihr sagte. Mich hat diese Szene an das heutige Wort erinnert: Da versteht jemand Jesu Herz und handelt so, wie Jesus das auch getan hätte. Mit ehrlicher und echter Liebe. Jemand, der seine Dankbarkeit nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten ausdrückt. Natürlich ist die Tat, von der wir heute hören, ungleich grösser, kein Vergleich. Aber doch hat jeder/jede von uns einen eigenen, persönlichen Teil, den er/sie dazu beitragen kann, um den HERRN zu erfreuen aus Liebe zu ihm.

Teil 1: Die Salbung Jesu (Verse 1-3)

Lesen wir zusammen den Vers 1: «Sechs Tage vor dem Passafest kam Jesus nach Betanien, wo Lazarus war, den Jesus auferweckt hatte von den Toten.» Es waren in mehrerlei Hinsicht besondere Umstände, die hier geschildert werden. Zum einen hatte Jesus seinen Freund Lazarus von den Toten auferweckt. Darum war dieser sowie seine Schwestern Maria und Marta von einer riesengrossen Dankbarkeit erfüllt. Zum anderen standen für Jesus sein Leiden und sein Tod unmittelbar bevor. Dabei muss sein Herz äusserst schwer gewesen sein. Und dennoch zog er sich nicht einfach zurück, sondern hatte Gemeinschaft mit seinen Jüngern und mit weiteren ihm nahestehenden Personen. Noch bis zuallerletzt diente er den Menschen. Am Tag vor seiner Kreuzigung hatte Jesus liebevolle Gemeinschaft mit seinen Jüngern und wusch diesen die Füsse. Und Jesu letzte Worte am Kreuz waren unter anderen: «Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!» Bis zuletzt hat Jesus die Menschen einfach geliebt. Hat sich hingegeben für sie. Und als der Auferstandene und Lebendige liebt er uns noch jetzt mit unveränderter, unzerstörbarer Liebe…. Jesus kehrte in ein Haus in Betanien ein, wohl in das von Simon, genannt der Aussätzige. Lesen wir zusammen den Vers 2: «Dort machten sie ihm ein Mahl, und Marta diente bei Tisch; Lazarus aber war einer von denen, die mit ihm zu Tisch sassen.» Jede der anwesenden Personen zeigte je auf ihre Weise ihre Dankbarkeit gegenüber Jesus. Man bereitete ihm ein Festmahl zu. Besonders fleissig war Marta, die hin und her wuselte, dies vorbereitete, das servierte, dazwischen Geschirr abwusch usw. Wir wissen von Marta, dass sie die Aktivere von den beiden Schwestern Maria und Marta war. Sie hatte auch schon einmal gemurrt, weil ihr ihre Schwester bei der Küchenarbeit nicht zur Hand gegangen war, sondern stattdessen Jesus zugehört hatte. Jesus hatte damals ihr Dienen anerkannt, aber auch klar gemacht, dass Maria das noch Wichtigere tat. Nämlich Jesu Worte zu hören und sie zu Herzen zu nehmen. Nun aber war Martas Dienen ein anderes, ein noch herzlicheres. Es war das, was sie mit ihren Möglichkeiten und Fähigkeiten jetzt gerade für Jesus tun konnte. Jeden Schritt, jeden Handgriff tat sie von ganzem Herzen. Auf eine andere Weise zeigte Lazarus seine Dankbarkeit. Er suchte Jesu Nähe und musste ihm an den Lippen gehangen sein, als er redete. So wie das einst Maria getan hatte. Wir wissen nicht, ob er, der todkrank gewesen war, möglicherweise immer noch nicht ganz fit war, oder ob er das Dienen einfach nicht auf dem Schirm hatte vor lauter Freude an Jesu Nähe. Vielleicht hätte er es nicht einmal geschafft, kurz in den Nachbarraum zu gehen, schon hätte er Jesus vermisst.

Aber es gab jemanden, der seine Dankbarkeit gegenüber Jesus am allerbesten ausdrückte. Lesen wir zusammen den Vers 3: «Da nahm Maria ein Pfund Salböl von unverfälschter, kostbarer Narde und salbte die Füsse Jesu und trocknete mit ihrem Haar seine Füsse; das Haus aber wurde erfüllt vom Duft des Öls.» Das muss eine sehr spontane Aktion gewesen sein. Maria überlegte sich gar nicht, was man von ihr dachte, berechnete auch nichts. Sondern suchte einzig und alleine etwas, was sie Jesus geben bzw. für ihn tun konnte, um ihm zu zeigen, wie sehr sie ihn liebte. Sie sah ihn nicht einfach als Helfer und Freund, sondern als Gottes Sohn. Ganzheitlich hatte sie ihn als ihren Herrn angenommen. Durch die Erweckung ihres Bruders mussten ihr die geistlichen Augen aufgegangen sein: Jesus ist die Auferstehung und das Leben, wie er auch gesagt hatte vor dieser Erweckung. Mit dem Nardenöl gab Maria Jesus ihr ganzes Herz, ihre gesamte Liebe und Anbetung. Das Nardenöl hatte sie eigentlich, wie viele andere Frauen auch, mühsam zusammengespart, um es bei einer Heirat als Brautgeld zu haben. Sie musste von einer prächtigen Hochzeit und einem Mann, der sie auf Händen trug, geträumt haben. Auch hatte sie das Salböl stets gehütet wie einen Schatz, weil es so kostbar war. Aber nun hatte sie etwas Wertvolleres als das alles gefunden: Jesus, ihren himmlischen Bräutigam, der ihr das ewige Leben gab! Darum war es ihr wert, ihr ganzes Vermögen auszugeben und ihre Zukunft vollkommen in seine Hände zu legen. Marias Tat strahlte eine unglaubliche Liebe und Demut aus. Sie hielt sich nicht für würdig, etwas anderes an Jesus zu salben als seine Füsse, die staubig und schmutzig vom vielen Gehen waren. Dass sie mit ihren Haaren Jesu Füsse trocknete, hatte etwas sehr Intimes, Gefühlvolles, gleichzeitig etwas Echtes und Ehrliches. Wir können nur staunen, welches Herz Maria für Jesus hatte. Und: Ihr Herz glich dem Herzen Jesu; ihre Hingabe steht auch für Jesu Hingabe gegenüber uns. Unverfälscht und kostbar, im Überfluss zu uns ausgegossen, ist Jesu Liebe und Gnade für uns. So wie Maria das gesamte Salböl auf ihn ausgegossen hat, so hat Jesus sein gesamtes Blut für uns am Kreuz vergossen und sich ganzheitlich für uns hingegeben. So wie Maria die Füsse und kein anderes Körperteil von Jesus gesalbt hat, so demütig ist Jesus und ihm ist kein Sünder zu schmutzig durch die Sünde, als dass er sich seiner nicht annehmen würde. Und so wie Maria das Herz Jesu erfreute, erfreut uns der HERR mit seiner Nähe. Dieses Erfreuen war hier gegenseitig: Der Duft des Salböls erfüllte das ganze Haus. Als Wohlgeruch für den HERRN, wie eine Opfergabe, muss er zu Gott in den Himmel hinauf gedrungen sein. Der herb-süsse, volle, intensive Geruch breitete sich überall aus. Auch wir können dem HERRN ein Wohlgeruch sein. Nämlich wenn wir Liebe und Dankbarkeit gegenüber ihm haben. Dankbarkeit ist sowieso etwas zentral Wichtiges. Sie schenkt uns die Freude an Gott und Jesus und an deren Liebe. Sie motiviert uns zum Gott Dienen und Gehorchen. Sie lässt uns fröhlich bleiben, unabhängig von der äusserlichen Situation. Alles ist gut, solange wir den HERRN haben. Vertrauen wir ihm, dass er alles zum Besten führt.

Auch ich habe zahlreiche Gründe, Gott dankbar zu sein. So weiss ich um Jesu Liebe, die unverändert immer da ist. In meiner Vergangenheit war ich oft ungeliebt: Vor allem habe ich Erfahrung mit Mobbing in der Schule, wo mich Mitschülerinnen verletzt und mir mein Selbstbewusstsein geraubt haben. Ich bin eine sehr liebesbedürftige Person. Aber bei Jesus bin ich auf der vollkommen sicheren Seite: Er wird mich nie verletzen oder gar verlassen. Egal was ich mache, ich kann mir seine Liebe durch nichts verspielen. Das finde ich ungemein tröstlich. Weiter bin ich Gott sehr dankbar für meine Gesundheit. Wie wertvoll diese ist, und dass sie alles andere als selbstverständlich ist, habe ich neulich wieder ins Bewusstsein bekommen. Vorletzten Freitag machte ich wegen Verdauungsproblemen eine gesundheitliche Krise durch, ich, die sonst immer fit und munter bin. Als ich mich von dieser erholte, wurde ich richtig glücklich. Es ist so schön, einfach frei herumgehen, essen, trinken und die Zeit geniessen zu können. Und genug Energie zu haben, um alle Arbeit und die weiteren Erledigungen zu machen. Noch einen weiteren Grund zur Dankbarkeit möchte ich hier erwähnen. Zwar hat Jesus mir keinen Bruder von den Toten erweckt. Aber meine Zwillingsschwester Sibylle Grace vor dem geistlichen Tod bewahrt! Indem sie auch zum Glauben gefunden hat. Ich hatte befürchtet, mein Glaube würde uns voneinander entfremden, und das hätten wir beide nicht ertragen. So ein enges, tragendes Verhältnis haben wir zueinander. Aber der HERR fügte es in seiner grenzenlosen Gnade, dass wir nun beide gemeinsam geistlich wachsen. Unsere Beziehung hat nun eine noch viel schönere Dimension dazubekommen, nämlich die glaubensbezogene. Wir beten füreinander, bauen uns gegenseitig auf, freuen uns gemeinsam über die Gegenwart des HERRN. Und wenn wir zusammen in Griechenland sind, dienen wir Seite an Seite mit Freude Gottes Werk.

Teil 2: Mich aber habt ihr nicht allezeit (Verse 4-8)

Der Duft des ausgegossenen Nardenöls erfüllte also das Haus. Aber für manche Anwesende war dieser Duft schwer zu ertragen. Sie konnten die Liebe nicht erkennen, die hinter Marias Tat steckte. Sie fühlten nicht die tiefe Geistlichkeit, welche die Atmosphäre im Raum auf wunderschöne Weise prägte. Stattdessen konnten sie Marias Tat überhaupt nicht nachvollziehen. Lesen wir gemeinsam die Verse 4-6: «Da sprach einer seiner Jünger, Judas Iskariot, der ihn hernach verriet: Warum wurde dieses Öl nicht für dreihundert Silbergroschen verkauft und das Geld den Armen gegeben? Das sagte er aber nicht, weil ihm an den Armen lag, sondern er war ein Dieb; er hatte den Geldbeutel und nahm an sich, was gegeben wurde.» Jesu Jünger erachteten das Ausgiessen des Salböls als eine grosse Verschwendung. Judas, der Buchhalter unter den Zwölfen, errechnete blitzschnell, was das Öl wert gewesen wäre. Dreihundert Silbergroschen, was etwa einem damaligen Jahreslohn, oder um die 25’000 Franken heute, entspricht. Anders als Maria, berechnete Judas. Sein Herz war nicht offen für Jesus, dass er für ihn etwas hingegeben oder gar Geld ausgegeben hätte. Das zeigt, dass sein Herz am Geld hing und nicht an Jesus. Darum konnte er Jesu Herz – und Marias Tat – denn auch nicht verstehen. Wenn wir etwas mehr lieben als Gott, werden wir die himmlische Freude am HERRN nicht empfinden. Es ist nicht einfach, dasjenige aus dem Herzen auszuräumen, das uns hindert, Gott von ganzem Herzen zu lieben; aber es lohnt sich. Judas schaffte das offenbar nicht und wollte es auch nicht schaffen. Er hätte sein Buchhaltungs-Amt einem anderen Jünger geben können, etwa Philippus, der auch gut rechnen konnte. Der hatte vor der Speisung der Fünftausend die Geldmenge berechnet, für welche man hätte Brot für die Menschenmenge kaufen müssen. Jedenfalls hätte Judas sich nicht der Versuchung aussetzen müssen, vom Geld in der Gemeinschaftskasse immer wieder etwas abzuzweigen. Mit jedem Mal, bei dem er etwas aus der Kasse stahl, hängte sich sein Herz ein Stück mehr ans Geld. Und wandte sich von Jesus ein Stück mehr ab. So verbaute der Jünger sich selbst den Weg zur Liebe gegenüber Jesus. Und, wie wir wissen, ging das so weit, dass er ihn verriet. Für dreissig Silberlinge, was z.B. gereicht hätte, einen Sklaven oder einen Esel zu kaufen… Judas’ Reaktion steht aber auch für die Stimme dieser Welt. Menschen in unserem Umfeld, die nicht gläubig sind, können vieles nicht nachvollziehen, das wir tun. Warum geben wir den Zehnten, wenn wir dieses Geld doch auf unser Sparkonto tun könnten für ärmere Zeiten? Warum verbringen wir so viel Zeit im Gebet, die wir doch eigentlich bräuchten, um zu lernen oder zu arbeiten? Warum gehen wir an die Uni, um Studierende zum Bibelstudium einzuladen, wenn sowieso kaum jemand die Einladung annimmt? Wir aber wissen es besser, warum wir es tun. Weil wir – und auch andere Menschen – geistlich davon profitieren. In jeder Hinsicht. Wir pflegen, vertiefen, kultivieren unsere persönliche Beziehung mit Gott. Die Zeit, die wir dafür investieren, lohnt sich absolut. Das Geld, das wir für Gottes Werk ausgeben, bekommen wir in mehrfach zurück. Probieren wir es doch aus. Und wenn auch nur eine einzige Seele gerettet wird, hat sich jede Bemühung beim Einladungswerk vollkommen gelohnt. Ja, Jesus hat auch nicht berechnet, etwa: «Wenn ich am Kreuz sterbe, werden so und so viele Menschen zu Gott finden.» Oder dergleichen. Er hat stattdessen seine Liebe und Gnade einfach im Überfluss ausgegossen. Liebe berechnet nicht. Lernen wir von ihm, dass auch wir solche Liebe bekommen.

Anders als Jesu Jünger, hat Jesus Marias Tat voll und ganz anerkannt. Er freute sich von Herzen darüber. Nicht dass man ihm etwas Kostbares gegeben hat, sondern wegen der Liebe und der Hingabe. Wie muss er durch diese Tat getröstet worden sein! Es gab also doch Menschen, die ihn und seinen Vater im Himmel von ganzem Herzen liebten und die ihn als Gottes Sohn erkannten. Das machte ihm das Herz ungleich leichter angesichts seines bevorstehenden Leidens. Lesen wir zusammen Jesu Antwort, Verse 7 und 8: «Da sprach Jesus: Lass sie. Es soll gelten für den Tag meines Begräbnisses. Denn Arme habt ihr allezeit bei euch; mich aber habt ihr nicht allezeit.» Maria hatte für Jesus getan, was man tun sollte, nämlich Jesus einen würdigen Abschied zu geben. Auch bekam Jesus von Maria die Liebe und die menschliche Wärme, die er bald schon schmerzlich vermissen würde. Denn den Kreuzesweg würde er einsam und verachtet gehen. Jesus freute sich über Marias Tat sogar so sehr, dass er versprach: Überall, wo das Evangelium verkündigt wird, wird auch gesagt, was Maria getan hat. Denn diese Frau hat uns allen vorgelebt, was wahre Liebe, Hingabe, Demut und Dankbarkeit sind. Was die angemessene Reaktion ist auf Jesus, der Gottes Sohn ist und der uns unendlich liebt.

Noch etwas betont hier Jesus. Arme hatten sie allezeit, aber Jesus nicht. Damals stand Jesu Tod und damit seine vorübergehende Abwesenheit kurz bevor. Auch würde der Messias nach seiner Auferstehung nur vierzig Tage noch auf der Erde weilen. Dann würde er zum Himmel auffahren. Also war jetzt noch die Gelegenheit, ihn um sich zu haben, ihm zuzuhören und sich an seiner Nähe zu erfreuen. Arme haben wir jederzeit. Um Menschen können und sollen wir uns kümmern. Es ist wichtig und nötig, an die Armen zu denken und denen zu helfen, die unsere Unterstützung brauchen. Das tat auch Jesus und lehrt es uns. Aber etwas ist noch wichtiger: die Gemeinschaft mit Gott, die Beziehungspflege zu ihm. Nichts kann uns diese ersetzen: kein noch so fleissiges Dienen, kein noch so grosses Almosen. Mit der geistlichen Haltung erst wird unser Dienen von Herzen sein. Schliesslich hat ja auch Judas Jesus gedient, nämlich durch die Zuständigkeit für die Finanzen. Gott will nicht unsere milden Gaben. Er will uns selber, er will unser Herz bei sich haben.

Teil 3: Unterschiedliche Herzensböden (Verse 9-11)

Nicht viele Menschen erfuhren von der wundervollen Szene, die sich beim Festmahl abspielte. Aber die Information, wo Jesus zu finden war, machte rasch die Runde. Erst recht, da er sich am gleichen Ort aufhielt wie Lazarus, den lebenden Beweis für seine Wunder. Spätestens seitdem Jesus seinen Freund von den Toten erweckt hatte, war er auf dem Höhepunkt seiner Popularität. Lesen wir gemeinsam den Vers 9: «Da erfuhr eine grosse Menge der Juden, dass er dort war, und sie kamen nicht allein um Jesu willen, sondern um auch Lazarus zu sehen, den er von den Toten erweckt hatte.» Diese Menschen freuten sich über Jesus und über dessen Tat. Manche von ihnen konnten den Messias erkennen durch das, was er tat. Matthäus 11,5 fasst die Wirkung des Heilands zusammen, wie sie in der Heiligen Schrift vorausgesagt war: «Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt». Das war nun mitten am Geschehen. Den Menschen, die Jesus so als Gottes Sohn erkannten, muss das Herz aufgegangen sein in himmlischer Freude. Der seit Anbeginn verheissene, Jahrtausende lang ersehnte Heiland der Welt, er war gekommen, er war mitten unter ihnen, spürbar, ja berührbar nahe! Selbst die Menschen, die nicht aus geistlichen Motiven kamen, waren begeistert von Jesus. Manche wollten sich vergewissern, dass das Gerücht um Lazarus’ Erweckung wahr war und fanden es bestätigt, indem sie den Geheilten sahen. Andere überlegten sich vielleicht: «Wenn Jesus sogar Tote erwecken kann, dann wird er auch mein Problem lösen können.» Und es ist nicht auszuschliessen, dass bei der Begegnung mit Jesus und Lazarus in Bethanien einige Menschen zum Glauben an den Christus fanden.

Ganz anders dagegen reagierten die geistlichen Leiter auf die Anwesenheit der beiden Personen. Lesen wir zusammen die Verse 10 und 11: «Aber die Hohenpriester beschlossen, auch Lazarus zu töten; denn um seinetwillen gingen viele Juden hin und glaubten an Jesus.» Diese Leiter hatten sich von der wunderbaren Freude an Jesu Liebestaten selber ausgeschlossen durch ihre Verstocktheit. Sie erkannten nicht einmal, wie widersinnig ihr Vorhaben war. Sollten sie das Leben, welches Lazarus auf wundersame Weise geschenkt worden war, gleich wieder auslöschen? Glaubten sie wirklich, dass Jesus weniger Anhänger haben würde, wenn es Lazarus, einen Beweis für seine Wunder, nicht mehr gab? Wer sein Herz vor Jesus verschliesst, droht immer tiefer in einen Teufelskreis der Sünde zu geraten. Aus diesem wird es immer schwieriger sein, zu entkommen. Das passierte hier den geistlichen Oberen. Von ihrer Wut auf Jesus kam weitere Wut, die sich auf noch mehr Personen ausdehnte. Das war denn auch der Grund, warum sie die Menschen, die sich zu Jesus bekannten, aus der Synagoge und damit aus der Gesellschaft ausschlossen. Von Zerstörung kommt noch mehr Zerstörung. Wie sehr muss es Jesus geschmerzt haben, die geistlichen Leiter in dem desolaten Zustand zu sehen! Sie glichen Hirten, die die Schafe nicht weideten, sondern assen und die die Herde nicht zusammenhielten, sondern zerstreuten. Die nicht Liebe ausübten, sondern Hass. Die keine Orientierung gaben, sondern Einsamkeit, Chaos und Desorientierung zurückliessen. Und nun würde Jesus am Kreuz sterben und die Schäfchen unter der Ägide solcher «geistlicher» Leiter zurücklassen müssen… Auch Jesu Jünger waren noch nicht so weit, dass sie die Rolle der Hirten wahrnehmen konnten als Jesu Nachfolger und Apostel. Aber so begriffsstutzig sie manchmal noch waren: Bei ihnen stiess Jesus – ausser bei Judas – nicht auf schlechte Herzensböden. Höchstens auf noch zu wenig gepflügte. Diese Jünger hatten Lernwillen und Potenzial. Wir können und dürfen uns selbst in diesen Jüngern wiederfinden: Wir haben unser Herz dem HERRN nicht verschlossen. Daher wirkt der HERR in unserem Leben und in unseren Herzen. Zu seiner Zeit wird er das gute Werk, das er in uns angefangen hat, vollenden. Er gibt uns das Wollen und das Vollbringen. Und auf das dürfen wir fest vertrauen. Bleiben wir dran mit unserem Glauben!

Zum Schluss:

Lesen wir nochmals den Leitvers, Vers 3: «Da nahm Maria ein Pfund Salböl von unverfälschter, kostbarer Narde und salbte die Füsse Jesu und trocknete mit ihrem Haar seine Füsse; das Haus aber wurde erfüllt vom Duft des Öls.»

Maria hatte gegenüber Jesus genau die Herzenshaltung, die es braucht: Dankbarkeit, Liebe, Demut und Anbetung. Aus dieser heraus handelte sie, wurde sie aktiv. Dabei achtete sie nicht ihr Material noch ihre finanzielle Absicherung. Denn ihr Reichtum und ihre ewige Sicherheit war Jesus. Er war ihr himmlischer Bräutigam, ihr Traum, ihre Zukunft; er war ihr König, den sie salbte. Der Duft des Salböls, der Duft ihres Glaubensweges, stieg zum HERRN auf und machte ihn hocherfreut. Und mit ihrer Tat tröstete Maria Jesus, der wegen seines bevorstehenden Todes betrübt war. Gott ist so demütig, dass er nicht nur uns Trost gibt, sondern sich auch von uns trösten lässt! Er muss äusserst betrübt sein über eine Welt, in welcher kaum jemand nach ihm fragt. Daher trösten ihn unser Glaube, unsere Hingabe und unsere tiefe Gemeinschaft mit ihm.

Maria hatte ein Herz, in welchem sich gleichzeitig auch Jesu Herz spiegelte. Als unser Heiland liebt er uns von ganzem Herzen. So wie Maria das Gefäss zerbrach und das Salböl ausgoss, vergoss Jesus sein kostbares Blut und zerbrach seinen Leib für uns am Kreuz. Seine Liebe ist verschwenderisch und im Überfluss da. Sie berechnet nicht, sondern gibt grosszügig. Der Apostel Paulus hat diese göttliche Liebe in 1. Korinther 13 wunderbar beschrieben. So sagen dort die Verse 4-7: «Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.» Wir haben diese Verse schon oft gelesen, aber ich finde, man kann sie nie genug hören. Und über diese herrliche Liebe nachsinnen.

Möge der HERR unsere Herzen weiter öffnen und uns mit Dankbarkeit erfüllen für alles, was er für uns getan hat. Diese Dankbarkeit wird in uns Freude, Liebe, mehr Glauben und die Motivation bewirken, Gottes Willen zu folgen. Probieren wir es aus, es funktioniert garantiert!