Matthäus 26,57-75
Guten Tag! Jesus liebt euch! Glaubt ihr das? Auch dass er euch genau so liebt, wie ihr seid? Er nimmt nicht Teile von eurem Wesen an, sondern das Gesamtpaket. Und für alles, was euch noch fehlt, hat er die Macht und den Willen, es euch zu geben. Er kann alles heilen, was der Satan in uns kaputt gemacht hat. Warum? Weil er sich am Kreuz stellvertretend für unsere Sünden geopfert hat! Weil er den Preis für unsere Ungerechtigkeit bezahlt hat, indem er sich selbst der allergrössten Ungerechtigkeit ausgesetzt hat. Dies sehen wir auch im heutigen Text. Und wir begegnen Menschen, die diesen Jesus ganz unterschiedlich aufgenommen haben. Dabei stellten sich die Starken unter ihnen als Schwache und die Schwachen als Starke heraus. Was war der Gegenstand, mit dem sich diese Menschen auseinandersetzen mussten? Lesen wir gemeinsam den Titel meiner Botschaft: „Die Wahrheit Jesu.“ Und lesen wir zusammen über diese Wahrheit, den Leitvers, Vers 64.
(Matthäus 26,64) Jesus sprach zu ihm: Du sagst es. Doch sage ich euch: Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels.
Zur Vorbereitung dieser Botschaft googelte ich nach Geschichten über die Wahrheit. Es finden sich zahlreiche solche. Eine von ihnen, eine symbolisch bedeutsame, möchte ich euch hier erzählen: Chosroes, Kaiser von Persien, hatte sich gegen alle Hoffnungen von seiner schweren Krankheit erholt. Da rief er seine Berater zusammen und sagte: „Ich möchte heute von euch wissen, was ihr von mir haltet. Meint ihr, dass ich ein guter Kaiser bin? Sprecht die Wahrheit ohne Furcht. Dafür möchte ich jedem von euch einen Edelstein schenken.“ Einer nach dem andern traten die Berater vor mit schönen Worten und übertriebenen Lobreden. Als der weise Elaim an der Reihe war, sagte er: „Mein Kaiser, ich möchte lieber schweigen, denn die Wahrheit kann man nicht kaufen.“ Da sprach der Kaiser: „Ist gut. Dann werde ich dir eben nichts geben. Also, jetzt kannst du deine Meinung offen sagen.“ Da sagte Elaim: „Mein Kaiser, du willst wissen, was ich denke. Ich denke, dass du ein Mensch bist mit vielen Schwächen und Fehlern, genauso wie wir. Aber deine Fehler wiegen viel schwerer, denn das ganze Volk stöhnt unter der Last der Steuern. Ich denke, du gibst eben zu viel Geld aus, um Feste zu feiern, Paläste zu bauen und vor allem, um Krieg zu führen.“ Als der Kaiser das hörte, wurde er nachdenklich. Dann liess er seinen Beratern je einen Edelstein austeilen, wie er versprochen hatte. Elaim aber ernannte er zu seinem Kanzler. Am nächsten Tag traten die Schmeichler vor den Kaiser. „Mein Kaiser“, sagte der Wortführer, „den Händler, der dir diese Schmuckstücke verkauft hat, sollte man aufhängen! Denn die Steine, die du uns geschenkt hast, sind falsch.“ – „Das weiss ich schon“, antwortete der Kaiser. „Sie sind so genauso falsch wie eure Worte.“
Ein Sprichwort sagt: Lügen haben kurze Beine. Die Wahrheit kommt ans Licht. Es ist edel, wenn man die Wahrheit sagt, egal, welche Folgen das hat. Aber das ist nicht leicht umzusetzen. Ja, manchmal sogar vollkommen unmöglich. Besonders schwierig wird es, wenn es um DIE Wahrheit geht. Nämlich um Jesus Christus. Wenn es uns ans Lebendige – oder zumindest ans Image – geht, stehen wir dann immer noch zu Jesus? Das geht nicht immer. Das durfte auch Petrus erfahren in der Nacht, als er Jesus dreimal verleugnete. Dagegen bestand Jesus selber immer auf der Wahrheit. Nämlich auf seiner Identität als Gottes Sohn. Er zog seine Sache, Gottes Auftrag, vollkommen durch. Mit der grössten Konsequenz und den grössten Konsequenzen. Er starb für uns am Kreuz als das Lamm Gottes. Schauen wir als Erstes auf das, was er im Vorfeld seines Todes über sich ergehen lassen musste.
Teil 1: Jesus vor dem Hohen Rat (Verse 57-68)
Lesen wir zusammen den Vers 57: „Die aber Jesus ergriffen hatten, führten ihn zu dem Hohenpriester Kaiphas, wo die Schriftgelehrten und Ältesten sich versammelt hatten.“ Da war also die gesamte geistliche Obrigkeit versammelt. Alle gegen Jesus. Ihr Entschluss war gefallen, und zwar schon lange vor diesem Augenblick: Sie wollten Jesus beseitigen. Nun bot sich endlich die Gelegenheit dazu: Sie machten Jesus den Prozess. Aber es war kein faires Gerichtsverfahren, sondern ein Pseudo-Prozess. Es war eine Nacht-und-Nebel-Aktion, ein heimliches Verurteilen. Weder die Meinung der Öffentlichkeit noch ein Verteidiger wurden mit einbezogen. Stattdessen traten nur Kläger und Zeugen gegen Jesus auf. Und diese Zeugen waren nicht einmal ehrliche solche: Sie suchten falsches Zeugnis gegen ihn. Nur um ein Todesurteil gegen ihn sprechen zu können. Lesen wir gemeinsam die Verse 60 und 61: „Und obwohl viele falsche Zeugen herzutraten, fanden sie doch nichts. Zuletzt traten zwei herzu und sprachen: Er hat gesagt: Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und in drei Tagen aufbauen.“ Zeugnisse gegen Jesus mussten zwangsläufig falsch sein. Jesus hat und begeht keine Sünde. Er hatte sich nicht ein einziges Mal verfehlt; niemand konnte ihn auch nur des kleinsten Vergehens bezichtigen. Jesus ist Gott selber. Er ist das Licht, in welchem keinerlei Finsternis wohnen kann. Der Segen, in welchem kein Fluch Platz hat. Göttlichkeit, in welcher keine Sünde sein kann. Ja, in welchem sich kein Nein finden kann.
Daher mussten die falschen Zeugen sich nun eine besondere List einfallen lassen. Sie versuchten, Jesus an dessen eigenen Worten aufzuhängen. Sie suchten und suchten. Es war schon fast ein Ding der Unmöglichkeit, zwei Zeugen zu finden, die das Gleiche gegen Jesus vorbrachten und sich nicht gegenseitig widersprachen. Denn nur auf die Aussage mindestens zweier Zeugen hin durfte ein Gerichtsurteil gesprochen werden. Aber da gab es zwei, die fanden eines. Jesus hatte gesagt: „Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und in drei Tagen aufbauen.“ Das stimmte: Jesus hatte dies tatsächlich so gesagt. Nun wurde ihm das so ausgelegt: Er hatte sich über das Haus gestellt, in welchem Gottes Name wohnte und das den Juden hochheilig war. Er hatte damit den HERRN gelästert und mit Worten sein Heiligtum entweiht. Sie sahen Jesus ja als einen Menschen, der sich selbst erhöhte und zu Gott machte. Hier hatten sie einen Beweis für ihre Ansicht. Ob das reichte für eine Verurteilung? Noch nicht ganz, aber sie waren auf dem besten Weg dazu.
Was aber hatte Jesus wirklich gemeint mit seiner Aussage? Jesus selber ist der Tempel Gottes. Jesus und nicht etwas Sichtbares. Er wurde abgebrochen: Seine Kreuzigung, bei der sein Leib gebrochen und sein Blut vergossen wurde. Er wurde am dritten Tage aufgebaut: durch seine Auferstehung. Und er will auch uns als Tempel Gottes bereiten, in welchem seine Liebe, sein Wort und der Heilige Geist wohnen können. In unseren Herzen, denn Jesus will der König unserer Herzen sein. Dass wir uns von seinem Wort leiten und von seiner wunderbaren Liebe lenken lassen. Diese Oberen hielten am physischen Tempel fest. Es ist einfacher, Gottes Gegenwart auf etwas Äusserliches zu verlegen als sie in uns wirken zu lassen. Denn das ist nicht immer angenehm. Es führt uns zur Busse. Es verändert uns. Wir müssen uns vom HERRN etwas sagen lassen. Wenn nicht, legen wir Gottes Wort falsch und nach unserem Gusto aus. Dann machen wir es wie hier die Oberen: Wir hören nicht genau hin. Wir nehmen das Wort nur buchstäblich auf. Erkennen Gottes Gebote und Verbote, seine Gesetze und Mahnungen. Aber wir erkennen nicht das Wichtigste, das dahinter steckt, nämlich Gottes Liebe. Und sein Wille, uns zu erretten und zum ewigen Leben zu führen.
Wie reagierte nun Jesus auf die zahlreichen Anschuldigungen? Gar nicht. Er schwieg still. Wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, tat er seinen Mund nicht auf. Was Menschen über ihn sagten, verletzte ihn nicht. Ihm ging es nicht um seine eigene Ehre, sondern um Gottes Ehre. Jesus war fest entschlossen, Gottes Willen zu gehorchen. Bis zum bitteren Ende. Denn viel zu sehr hat er uns geliebt, als er seinen Leidens- und Kreuzweg ging, als dass er diesen hätte vermeiden wollen. Er war beflügelt vom Willen, sich anstelle von uns Sündern zu opfern. Und zum Vater zu gehen. Dessen Namen zu verherrlichen. Wie schaffte er es, so entschlossen zu sein? Er war sich seiner Identität als Gottes Sohn und seiner heiligen Mission voll und ganz bewusst. Er hatte den Kampf gegen seine Schwäche und inneren Widerstände gewonnen. Wir erinnern uns, wie er das gemacht hatte: Da war sein harter Gebetskampf in Gethsemane. Wie er mit sich rang, nicht seinen, sondern Gottes Willen anzunehmen, auch wenn sein Leiden und sein Schmerz unermesslich sein würden. Seinen Gebetskampf führte er so lange weiter, bis er den Sieg errang. Darum war er nun bereit, alles zu ertragen, was es dazu brauchte. Dass seine Jünger ihn verliessen. Dass Judas, sein eigener Kern-Jünger, ihn verraten hatte. Und nun, dass man ihn verurteilte, verdammte, aufs Übelste verspottete, karikierte und quälte.
Auch wir brauchen den Kampf im Gebet. Das Bewusstwerden unserer Identität als Gottes Kinder. Denn der Satan versucht uns andauernd einzutrichtern, dass wir das nicht sind. Er packt uns bei unseren Sünden und verurteilt uns. Doch Jesus verdammt uns nicht, ganz egal, wie gross und viele unsere Sünden sind. Nein, er ist für uns sogar in die Bresche gesprungen, damit wir ebendiese vielen und grossen Sünden nicht mit uns herumschleppen müssen. Der Satan liebt es, uns sogar mit Gottes Wort zu verurteilen. Bei mir z.B. ist sein Lieblingsspruch, den er in meine Gedanken gibt: „Du bist nicht richtig gläubig. So wirst du in die Hölle kommen!“ In der Gebets-Orientierung kann ich dann dem Satan widersprechen: „Nein, Gott hat gesagt, ich bin sein Kind. Er will und wird mich formen und verändern, bis ich geeignet bin, ins ewige Leben einzugehen.“ Ich halte an Gottes Verheissungen fest, versuche, fest an sie zu glauben. Der Gebetskampf ist ein Kampf gegen die Einflüsse des Satans. Im Gebet sagen wir uns, oder sage ich mir: Ich bin nach Gottes Bild geschaffen. Ich bin bereits ein Segen für andere, eine Bibellehrerin, eine Hirtin – egal, ob ich mich selber schon so sehe oder noch nicht. Gott sieht mich bereits so. Mein Lebenssinn ist es, mit Gott und Jesus zu leben. Mein Lebenszweck ist es, Gott zu dienen, sein Wort und seine Liebe weiterzugeben. In der jetzigen Lebensphase geht es für mich darum, meine Identität als Gottes Kind noch zu festigen und Jesu Liebe ganz anzunehmen. Meine persönliche Beziehung zum HERRN zu stärken. Freude an Gott und Jesus zu haben, stark zu werden in seiner Liebe. Bis ich bereit bin, hinauszugehen und das Evangelium dort zu verkündigen, wo Gott mich hierfür haben will. Ich finde das wunderschön!
Dass Jesus nichts auf die Vorwürfe gegen ihn antwortete, verwunderte den Hohepriester Kaiphas. Ja, es musste ihn wütend gemacht haben. Daher fragte er ihn: „Antwortest du nichts auf das, was diese gegen dich bezeugen?“ Keine Reaktion. Jesus brauchte sich nicht in die ganze Diskussion einzumischen. Möglich, dass er stattdessen die Zeit nutzte, um nochmals zu beten. Kaiphas fragte sich, was das sollte: Wie konnte Jesus ihm, dem höchsten Geistlichen persönlich, keine Antwort geben? Das war eine Frechheit! Und doch auch eine Chance. Nun konnte Kaiphas Jesus direkt das fragen, was die anderen Kläger und Zeugen nicht hatten aus ihm herausbringen konnten. Lesen wir gemeinsam den Vers 63: „Aber Jesus schwieg still. Und der Hohepriester sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes.“ Das erforderte eine Antwort. Und der Hohepriester wusste bereits, wie sie ausfallen würde. Ja, Jesus konnte nicht schweigen, wenn es darum ging, die Wahrheit über sich und über seine Mission zu sagen. Auch wenn er sich hier damit direkt selber das Todesurteil sprach. Lesen wir zusammen den Vers 64: „Jesus sprach zu ihm: Du sagst es. Doch sage ich euch: Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels.“ Die Menschen hatten und haben ein Recht darauf, die Wahrheit über Gottes Sohn zu erfahren. Er ist als niedriger, demütiger Mensch auf die Erde gekommen. Er ist gekreuzigt worden und am dritten Tage auferstanden. Er wird einst wiederkommen in aller Herrlichkeit. Jesus sagte zu Kaiphas: „Ich werde wiederkommen.“ Wir können Jesus nicht loswerden. Es wird der Jüngste Tag kommen. Alle Menschen werden dann erkennen müssen, dass Jesus die Wahrheit gesagt hat. Ja, er ist selber Gottes Wahrheit.
Der Hohepriester reagierte emotional auf Jesu Aussage. Lesen wir zusammen den Vers 65: „Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sprach: Er hat Gott gelästert! Was bedürfen wir weiterer Zeugen? Siehe, jetzt habt ihr die Gotteslästerung gehört.“ Kaiphas war auf dem Höhepunkt seines Triumphes. Er hatte Jesus besiegt, konnte das Todesurteil über ihn nun aussprechen lassen. So sah es aus. Aber in Wahrheit standen die Dinge anders. Kaiphas war ein Eiferer für sein eigenes falsches Gottesbild. Wie Saulus es einst bei seiner Christenverfolgung sein würde. Er stand für das Gesetz und setzte seine Ehre ein für dessen Einhaltung. Als wäre das Gesetz Gott selber. Der Gott des Kaiphas war ein strafender, nach dem Gesetz verurteilender Gott. Und nicht ein barmherziger, geduldiger, vergebender. In seinem Gottesbild hatte Jesus, der sich für uns Sünder hingab, einfach keinen Platz. Armer Kaiphas. Er zerriss sein Kleid. Sein Herz war zerrissen ohne das Wissen um den Gott, welcher uns die Hand reicht. Der für uns das tut, was er sich wünscht, dass wir für ihn tun. Der sich gedemütigt und erniedrigt, sich auf unsere Stufe gestellt hat. Der sich selber gibt für unsere Errettung. Und der die unkonventionellsten Wege geht, um dies zu erreichen. So auch in Gestalt eines Wanderpredigers, der das System und die öffentliche Ordnung kritisierte. Der keinen Respekt hatte vor der geistlichen Obrigkeit, sondern deren Sünden offen kritisierte. Diese Jemand ist: Jesus, Gottes Sohn, der Gesalbte Gottes. Unser Heiland und Messias.
Kaum hatte man das Urteil über Jesus gesprochen, fiel die Menge über ihn her, eine entfesselte, zornige Meute. Sie trieben ihren Spott mit ihm. Spien ihn an, schlugen ihn, quälten ihn. Verhöhnten seine Selbstaussage, er sei der Christus. Was immer sie konnten, taten sie Jesus an. Und Jesus liess alles mit aller Geduld über sich ergehen. Weil er auch seine schlimmsten Widersacher und Spötter nicht hasste. Sondern von ganzem Herzen liebte. Sie taten ihm leid. Denn der Satan hatte mit ihren Herzen genau das gemacht, was sie nun Jesus antaten. Sie quälten sich in Gottesferne und mit ihren Vorstellungen von einem grausamen Gott. Nicht zuletzt für sie betete Jesus dann am Kreuz: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“
Teil 2: Die Verleugnung des Petrus (Verse 69-75)
Petrus war Jesus in sicherer Distanz zu ihm gefolgt. Er war gespannt, wie es mit Jesus weiterging. Und ängstlich: Jesus hatte gesagt, man würde ihn töten. Leider liess sich Petrus von dieser Angst vereinnahmen. Warum? Er hatte in Gethsemane keinen Gebetskampf geführt. Stattdessen hatte er geschlafen. So blieb nun auch seine Identität als Jesu Jünger in seinem Herzen im Tiefschlaf. Er war schreckhaft, versteckte sich in der Menge. Wärmte seine kalten Hände am Kohlefeuer im Hof des Palastes des Hohepriesters, wie wenn er versucht hätte, sein geängstigtes, kaltes Herz zu wärmen. Doch in dieser Situation griff Gott ins Geschehen ein. Lesen wir gemeinsam den Vers 69: „Petrus aber sass draussen im Hof; da trat eine Magd zu ihm und sprach: Und du warst auch mit dem Jesus aus Galiläa.“ Da war jemand, der ihn erkannt hatte als Jesu Jünger. Und ihn damit konfrontierte. Doch Petrus war so voller Angst, dass er seine Identität als Jünger rasch und entschieden verneinte: „Ich weiss nicht, was du sagst!“ Vor einer unbedeutenden Magd erschreckte er sich. Wenn er sich nun zu Jesus bekannte, konnte es doch auch ihm ans Lebendige gehen. Noch zwei weitere Male sprach man ihn darauf an, einer von denen mit Jesus zu sein. Aber Petrus leugnete dies auch die zwei anderen Male. „Ich kenne den Menschen nicht!“ Um dies zu bekräftigen, schwor er und verfluchte sogar sich selbst. Vielleicht etwa so: „Möge mich die Erde sofort verschlingen, wenn ich auch nur einmal etwas mit diesem Menschen zu tun gehabt hätte!“ Petrus konnte ja reden, er war unter Jesu Jüngern immer der Wortführer gewesen.
Hier aber kam der Augenblick, in welchem Petrus seine grossen Worte plötzlich nicht mehr halfen. Gerade in dem Moment, in welchem er Jesus zum dritten Mal verleugnet hatte, krähte der Hahn. Damals war der Hahn der Wecker der Menschen, mit dessen Ruf der Tag begann. Hier war der Hahnenschrei aber ein noch viel effizienterer Weckruf für Petrus! Denn – lesen wir gemeinsam den Vers 75: „Da dachte Petrus an das Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er ging hinaus und weinte bitterlich.“ Petrus war ein Spitzenjünger Jesu. Auf ihm ruhten Jesu Hoffnungen, dass er der Fels würde, auf welchem die Gemeinde der Christen gegründet werden sollte. Petrus hatte geglaubt, dies mit seinem eigenen Mut ausführen zu können. „Wenn sie auch alle Ärgernis nehmen, so will ich doch niemals Ärgernis nehmen an dir. Und wenn ich mit dir sterben müsste, will ich dich nicht verleugnen!“ Und nun fiel Petrus‘ Selbstbild auf einmal wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Er hatte auf der ganzen Linie versagt. Das war für ihn unerträglich. Darum ging er hinaus und weinte bitterlich.
In diesem Moment glaubte sich Petrus zuerst mal am Ende. Aber seine Tränen wurden für ihn zu einem neuen Anfang. Ja, er hatte versagt. Aber in diesem Moment erinnerte er sich an Jesu Liebe und nahm diese neu für sich an. Jesus kannte ihn besser als er sich selbst. Und liebte ihn dennoch aus tiefstem Herzen! In dem Moment wusste Petrus, dass er ihm nochmals eine Chance geben würde. Und diese nutzte er denn auch, wie wir heute wissen: Er wurde zu einem der Apostel für die Weltmission. Petrus fühlte sich vollkommen schwach. Aber seine Tränen waren ein Zeichen seiner Stärke. Er konnte sich sein eigenes Scheitern eingestehen, egal wie krass dieses war. Er tat Busse für seine Sünde und sein Versagen, aber nicht mit Selbstqual, sondern voller Dankbarkeit für Jesu Vergebung. Er konnte sich in dieser Situation auf Jesu Liebe besinnen und sich auf Jesu Hilfe zurückwerfen lassen. Er gab seine inneren Widerstände gegenüber dem HERRN auf, der ihm seine Schwäche attestiert hatte, ihm, der immer den Starken gespielt hatte. Daher war sein Herz nun offen für Jesu Liebe in all ihren Dimensionen. Nicht seine Stärke zählte mehr, sondern Jesus, dessen Kraft in ihm wirken konnte. Tatsächlich tat dies Jesus als der Auferstandene für Petrus. Er liess ihn zudem wiedergutmachen, dass er ihn dreimal verleugnet hatte. Nämlich indem ihm Petrus dreimal seine Liebe gestehen durfte. In diesem Zusammenhang gab ihm Jesus denn auch neu seinen Auftrag, für Gottes Werk zu wirken: „Weide meine Schafe!“ Ja, Jesus kennt unsere Stärken und unsere Schwächen. Abschliessend. Gerade in den Momenten unserer grössten Schwäche, unseres Scheiterns, ist er uns nahe. Er zeigt uns, wer wir sind: Sünder, aber seine grosse Hoffnung, uns für die Weltmission zu gebrauchen. Diese Hoffnung verwirklicht er in unserem Leben. Und er zeigt uns, wer er ist: der Barmherzige, unser Retter, unser Freund, unser Arzt, unser Helfer. Er ist Jesus Christus, Gottes Sohn.
Zum Schluss:
Lesen wir nochmals den Leitvers, Vers 64: «Jesus sprach zu ihm: Du sagst es. Doch sage ich euch: Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels.»
Es ist schon etwas seltsam: Stärke in der Welt gilt als Schwäche vor Gott, und Schwäche in der Welt gilt als Stärke vor dem HERRN. Wir haben heute zwei Personen gesehen. Zum einen Kaiphas, der Jesus unter seiner Fuchtel glaubte und über ihn triumphierte. Und der doch litt unter einem falschen Bild Gottes, welche die Barmherzigkeit des HERRN brutal ausklammerte. Und wir haben Petrus gesehen, der sich unbesiegbar geglaubt hatte in seinem Wirken für Jesus. Und der doch kläglich versagte und scheiterte. Sein Selbstbild wurde erschüttert – und zurechtgebracht. Ich wünsche mir, dass wir alle wie Petrus sein können. Nämlich dass wir noch weinen und uns in der dunkelsten Stunde auf Jesus verlassen können. Dass unser Herz weich und offen bleibt für das, was uns Jesus zu sagen hat. Über uns selbst, sodass wir uns weder selber erhöhen noch uns selber runtermachen müssen. Und über sich, sodass wir ihn als unseren HERRN erkennen können.
Jesus kennt uns abschliessend. Und er liebt uns trotzdem, oder gerade wegen dem. Seine Liebe ist absolut bedingungslos. Für mich ist es äusserst tröstlich zu wissen, dass er alles von mir weiss und ihm nichts von mir verborgen bleibt. Es gibt keine finsteren Winkel meines Herzens, in welchen Jesu herrliches Licht nicht scheinen könnte. Noch immer arbeite ich daran, mich so zu sehen, wie Jesus mich sieht und nicht, wie die Welt oder der Satan mich sehen. Darum studiere ich Gottes Wort über meine Identität, Gottes Hoffnung für mich, seine Mission. Darum bete ich, um Gottes Gegenwart und seine Liebe zu spüren. Widerspreche im Gebet dem Satan, der mich niedermachen und mir die Hoffnung auf das ewige Leben stehlen will. Nein, Satan! Im Namen Jesu Christi, weiche von mir! Der Gebetskampf ist ein stetiger Kampf. Aber er ist ein wunderbarer Kampf. Denn am Schluss bringt er uns den Sieg über alle Einflüsse des Bösen, des Satans. Glaubt ihr das? Amen!
Möge der HERR jedem und jeder von uns sein Wesen offenbaren. Er ist Liebe. Er ist barmherzig. Jesus nimmt uns genauso an, wie wir sind. Die Freude am HERRN und an seinen Liebestaten für uns ist der Grund, warum wir ihm dienen und ihm sein Leben geben. Ohne diese Freude geht das nicht. Darum möge der HERR diese Freude in die Herzen von jedem und jeder von uns pflanzen. Wachsen lassen durch sein Wort und durch unsere Gebete. Möge er uns auch gerade dann besonders nahe sein, wenn es Schwierigkeiten in unserem Leben gibt. Denn diese sind dazu da, dass wir im Glauben wachsen. Durch sie will uns Gott immer etwas zeigen, etwas lehren. Niemand kann so tief fallen, als dass Jesus ihn nicht wieder auffangen und wieder hoch tragen könnte. Und Jesus will das unbedingt tun! So unbedingt, dass er sein Leben dafür geopfert hat. Nämlich dass du, und du… und ich nicht verloren gehen. Sondern für immer und ewig bei ihm bleiben.