Die Werke des Messias

Guten Morgen! Es ist wunderschön, dass wir heute versammelt sind und den Gottesdienst feiern. Das ist ein grosser Segen. Wieder ist eine Woche fast vorbei. Gott hat jede:n von uns gut durch die Woche begleitet. Amen? Auch wenn wir uns dessen nicht immer gleich bewusst sind: Gott ist da. Er wirkt, begleitet, liebt uns, trainiert uns auch mal. Und hat eine sanfte und doch kraftvolle Art, sich uns immer wieder auf den Schirm zu bringen. Besonders nahe ist uns die Gottheit in der Gestalt des Sohnes: Jesus Christus. Er ist unser Freund, ganz Mensch, der mitgeht, zuhört, mitfühlt, mitleidet. Aber er ist auch Gottes Sohn, dessen Wege unerwartet, unergründlich sind und dessen Wirken zu hoch für uns sein kann. Wir müssen aber auch nicht alles verstehen. Und dürfen ihm vollkommen vertrauen. Um das, wie Jesus uns ganzheitlich liebt und wie er sich doch nicht in ein Schema pressen lässt, geht es auch im heutigen Wort. – Lesen wir den Titel meiner Botschaft: «Die Werke des Messias». Und lesen wir zusammen die Leitverse, Verse 22 und 23:

Und er antwortete und sprach zu ihnen: Geht und verkündet Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf, Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig ist, wer sich nicht ärgert an mir.

Lukas 7,22.23

Erst kürzlich bin ich zufällig auf einen christlichen Text gestossen, der die Geschichte eines Christen erzählt. Dieser lebte in einem afrikanischen Staat, in dem ein autoritäres Regime an der Macht war. Unter diesem wurden die Christen verfolgt, verhaftet und einige von ihnen waren auch schon getötet worden. Auch war es verboten, eine Bibel zu besitzen. Jener Christ sah die Gelegenheit, abseits der besonders gut überwachten Gebiete zu wirken: Er ging zu gläubigen Menschen in entlegeneren Gegenden, hatte Gemeinschaft mit ihnen, erzählte ihnen vom HERRN und verteilte Bibeln an sie. Eines Tages war er wieder mit Bibeln unterwegs. Weil es zu gefährlich war, alleine zu reisen, schloss er sich einem Konvoi an. Doch dieser geriet in eine Polizeikontrolle! Natürlich durchsuchte man auch jenen Gläubigen. Man nahm ihm alles weg – natürlich auch die Bibeln – und steckte ihn nach einem harten Verhör ins Gefängnis! Der Mann war verzweifelt. Er fragte Gott, was er denn nun für sein Werk bewirken sollte… Da kam ihm in den Sinn, wie er einige Tage zuvor mit ein paar Glaubensgeschwistern über die Zustände im Land gesprochen hatte. Alle waren besorgt gewesen um die vielen inhaftierten Christen. Und hatten gebetet, dass der HERR für sie einen Hirten aufstellen möge, der sie besuchte und ermutigte. Da erkannte der Mann, dass er selbst nun dieser erbetene Hirte war – was für eine Wende, was für ein Segen! Tatsächlich gebrauchte ihn der HERR im Gefängnis ganz kostbar. So kamen einige Mithäftlinge, die enttäuschte Christen waren, durch seine Ermutigung zurück zum HERRN. Und die geistliche Kraft der Gläubigen im Gefängnis war so stark, dass sogar mehrere Wärter zum Glauben kamen…

Hier haben Menschen unter harten Umständen gelernt, dass es doch Jesus gab, der sie unverändert liebte. Hier hat sich Jesu Licht mitten in der Finsternis ausgebreitet. Hier hat der HERR einen Menschen selbst zu einer Gebetserhörung gemacht und ihn vielfältig und wunderbar für sein Werk gebraucht. Und hier hat er ebendiesen Menschen gelehrt, dass seine Führung nicht immer so ist, wie man sie erwartet. Aber dass sie früher oder später unter uns Gläubigen sichtbar werden: die Werke des Messias.

Teil 1: Jesus heilt und rettet (Verse 18-23)

Jesus hatte einen todkranken Mann geheilt und einen Jüngling vom Tod auferweckt. Was er tat, war unfassbar gross. Wo er hinkam, verbreitete er Heilung, Gesundheit, Freude, Liebe und den Glauben an das Gute. Unterdessen sass Johannes der Täufer im Gefängnis. Er, der ganz viele Menschen zur Busse geführt und Jesus mächtig bezeugt hatte, konnte nun nichts mehr tun. Zudem war er ungerechterweise inhaftiert worden: Er hatte den Herrscher Herodes wegen seines Ehebruchs mit seiner Schwägerin zurechtgewiesen. Wohl erst leise, dann immer stärker begannen sich Zweifel in seinem Herzen zu regen. Lesen wir zusammen die Verse 18 und 19: «Und die Jünger des Johannes verkündeten ihm das alles. Und Johannes rief zwei seiner Jünger zu sich und sandte sie zum HERRN und liess ihm sagen: Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten?» Diese Worte des Täufers stehen in krassem Kontrast zu dem, was er früher über Jesus gesagt hatte. Er war vollkommen überzeugt gewesen, dass er den Sohn Gottes vor sich hatte. Er hatte sogar den Heiligen Geist in Taubengestalt auf den getauften Jesus kommen sehen. Da hatte er der Welt bezeugt: Siehe, der ist Gottes Lamm, dass der Welt Sünde trägt! Und: Nach mir kommt einer, der grösser ist als ich, von dem ich nicht einmal wert bin, ihm die Schuhe zu tragen… Und jetzt das! Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten? Aus dieser Frage sprachen grundlegende Zweifel. Aber der Täufer machte das Goldrichtige damit: Er brachte diese Zweifel, vermittelt durch seine Jünger, zu Jesus!

Wir können nicht wissen, warum Johannes solche Unsicherheit über Jesu Identität hatte. Vielleicht war er enttäuscht von Jesus. Der war sein Freund und besuchte ihn nicht im Gefängnis, geschweige denn dass er ihn aus diesem befreit hätte. Obwohl er das durchaus hätte tun können. Auch handelte Jesus nicht gegen die viele Ungerechtigkeit um ihn herum. Er kam nicht mit der Worfschaufel bzw. mit dem Gericht Gottes, nein: Stattdessen übte er überall Barmherzigkeit und Liebe, ganz egal, ob das die Menschen, denen er half, verdient hatten oder nicht. Gewiss, Jesus wird die Welt richten, aber nach seinem zweiten Kommen. Sein erstes Kommen aber war so demütig und hingabevoll, uns vollends zu Diensten, in aller Sanftmut und voller Gnade. Jesus verdammt uns nicht für unsere Sünden. Stattdessen begegnet er uns mit Liebe. Dank seinem Opfer am Kreuz gibt es bei ihm sogar eine unerschöpfliche Quelle der Vergebung. Doch: Können wir es akzeptieren, wenn der HERR die Menschen nicht bestraft, deren Strafe wir uns so unbedingt wünschen? Können wir es annehmen, wenn uns der HERR in eine ganz andere Richtung führt, als wir das erwartet oder gar gewollt hätten? Auch wir können nicht alles verstehen, was der HERR tut und wie er uns und unsere Sache führt. Dann aber sollten wir uns nicht beunruhigen, verärgern, gram machen oder sogar vom Glauben abbringen lassen. Stattdessen sollten wir uns auf die Liebe und die Barmherzigkeit des HERRN zurückbesinnen. Und auf das, was wir für Heil, Veränderung und Hilfe vom HERRN erlebt haben. Ebenso sollen wir zwar Bussegeist haben, aber uns nicht nur auf unsere Sünden, Grenzen und Unzulänglichkeiten fokussieren. Denn die Gnade des HERRN ist ungleich grösser als sie alle!

Auch Johannes der Täufer bekam neu die Orientierung über Jesu Wesen. Es ist kein Zufall, dass genau zu der Zeit, da der Täufer zweifelte, Jesus besonders viele gute Taten vollbrachte: Er machte viele gesund von Krankheiten und Plagen und bösen Geistern, und vielen Blinden schenkte er das Augenlicht. Und Jesu Taten sind die Werke des Messias. Die Propheten hatten sie angekündigt, jede einzelne, die nun geschah. Johannes der Täufer als Sohn einer Priesterfamilie kannte die Heilige Schrift und die Prophetenworte bestimmt eingängig. Doch nun sollten diese Verheissungen eine neue Bedeutung für ihn bekommen. Ja, Jesus selbst war es, der unter ihnen war und Gottes Voraussagen eine nach der anderen erfüllte. So liess der Christus dem Täufer ausrichten; lesen wir zusammen die Verse 22 und 23: «Und er antwortete und sprach zu ihnen: Geht und verkündet Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf, Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig ist, wer sich nicht ärgert an mir.» Selig ist, wer sich nicht ärgert an mir. Das war Jesu wundervolle Orientierung für seinen Freund im Gefängnis. Und dieses Wort richtet sich auch an jede:n von uns persönlich. Lassen wir uns nicht verdriessen oder gram machen durch das, was wir von Jesu Wirken oder Jesu Eigenschaften nicht nachvollziehen können. Lassen wir unser vorgefertigtes Bild von Jesus los. Und lassen uns stattdessen neu seine Liebe schenken. Schauen wir auf und sehen wir, was er Reichhaltiges in unserem Leben bewirkt hat und bewirkt. Und freuen wir uns auf das, was er alles noch bewirken wird.

Ich selber habe zwar noch kein grosses Heilungs- und Rettungserlebnis mit dem HERRN gehabt. Aber viele kleinere. Mehrmals schon hat mich Gott anders geführt, als ich dachte, auch mal durch Schwierigkeiten. Und aus dem resultierten Segen und Glaubens-Boosts. Ein Beispiel: Lange Zeit hatte ich nur befristete Anstellungen und war dazwischen arbeitslos. Ich konnte jedes Jahr die eine Stelle am Bundesamt für Statistik bekommen. Ich dachte, dass ich damit und mit dem Arbeitslosengeld die nächsten Jahre über die Runden kommen würde. Und dann gab es in der Corona-Zeit plötzlich Schwierigkeiten am Arbeitsplatz bzw. mit der Chefin. Letztes Jahr schliesslich wurde ich vorzeitig entlassen und wusste: Die Stelle war nicht mehr einfach zur Verfügung. Zuerst war ich zornig und haderte mit der Situation, aber mit der Zeit wurde ich ruhiger. Ich machte dann eine Zeit grösster finanzieller Unsicherheit und von Geldknappheit durch. Aber ich lernte in jenen Monaten auch, auf den HERRN als meinen Versorger zu vertrauen. Und Gott bewirkte das Wunder! Ich bekam eine Praktikumsstelle. Den Job übte ich gut aus und Gott öffnete das Herz meiner Vorgesetzten. Und so wurde aus dem Praktikum eine Festanstellung. Gepriesen sei der HERR!

Teil 2: Jesus ruft zur Busse (Verse 24-35)

Möglicherweise bekamen Angehörige des Volkes mit, was Johannes der Täufer gefragt hatte. Hatten sie sich also getäuscht in dem Täufer? Wer wünschten sie sich, dass der Täufer war? Jesus sah es als wichtig an, dass er ihnen mehr über Johannes’ Identität sagte. Er fragte sie: «Was wolltet ihr sehen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das vom Wind bewegt wird? Oder was wolltet ihr sehen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Menschen in weichen Kleidern? Seht, die herrliche Kleider tragen und üppig leben, die sind an den königlichen Höfen.» Was hatte die Menschen dazu bewegt, zu Johannes hinaus in die Wüste zu gehen? Manche sahen ihn vielleicht wie einen Trendsetter und wollten der Mode folgen, die Sünden zu bekennen und sich taufen zu lassen. Wie ein Fähnchen oder eben ein Schilfrohr im Wind. Andere sahen ihn vielleicht wie einen Superstar und wollten auch ein wenig von seinem Glanz abbekommen. Vielleicht wollten sie ihn auch als einen Propheten oder aber einen geistlichen Leiter haben wie die Pharisäer und die Schriftgelehrten. Dabei war der Täufer total anders als diese Leiter, die sich gerne mit ihrem Prunk zeigten und stolz auf ihren hohen Rang waren. Der Täufer dagegen war ein Asket. Ihm ging es nie um sich selbst, sondern nur um Jesus. Er verzichtete auf seine Herrlichkeit, egal wie Grosses er tat. Stattdessen bezeugte er Jesus. Daher war er mehr als ein geistlicher Leiter; wie Jesus sagte: «Ja, ich sage euch: Er ist mehr als ein Prophet. Er ist’s, von dem geschrieben steht: ‘Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll.’» Jesu Wegbereiter also. Daher war er geistlich gesehen der Grösste aller sterblichen Menschen. Aber der Kleinste im Himmelreich. Wenn er nun zweifelte, konnte es sein, dass im Reich Gottes andere grösser sein würden als er. Aber Jesus sagte mit seinen Worten auch, dass Johannes der Täufer bestimmt in das Himmelreich kommen würde! Gläubige Menschen, die Jesus persönlich begegnet sind und in Christus leben, können auch mal Glaubenskrisen schieben. Aber dies wird sie niemals aus Jesu Hand reissen oder ihre Errettung rückgängig machen!

Johannes der Täufer hatte eine äusserst wichtige Aufgabe wahrgenommen: die Menschen zur Busse und zur Umkehr zum HERRN aufzurufen. Jesus hatte es ihm, als er angefangen hatte zu wirken, nachgetan: «Tut Busse, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!» Wer reagierte nun auf diesen Aufruf? Nicht die, die eigentlich berufen waren, sondern die Sünder, die ihre Sünde und ihr Angewiesensein auf Gottes Gnade erkannten. Lesen wir gemeinsam die Verse 29 und 30: «Und alles Volk, das ihn hörte, und die Zöllner gaben Gott recht und liessen sich taufen mit der Taufe des Johannes. Aber die Pharisäer und die Lehrer des Gesetzes verwarfen für sich Gottes Ratschluss und liessen sich nicht von ihm taufen.» Menschen, die teils tief im Sumpf der Sünde steckten, litten unter der Unerträglichkeit der Gottesferne. Sie gaben dem HERRN demütig Recht und kamen zu Busse und Umkehr. Sie stiegen aus dem Jordan als neue Menschen, als frischgebackene Kinder Gottes, als errettete Schafe in Gottes Herde. Die geistlichen Leiter dagegen hörten sich Johannes den Täufer zwar an, aber sie waren nicht bereit, ihr Leben zu ändern oder sich die Blösse zu geben, ihre Sünden einzugestehen. Jesus war schmerzerfüllt, ja verzweifelt über diese Menschen, die Gottes Ratschluss in den Wind schlugen und keine Hirten für das Volk sein wollten. Sie glichen den Kindern im Kinderspiel: Wenn die eine Kindergruppe auf der Flöte spielte, musste die andere Gruppe tanzen. Wenn die Gruppe Klagelieder spielte, musste die andere mitklagen. War sie dazu nicht bereit, wurde sie entsprechend getadelt. Diese geistlichen Leiter, die liessen sich einfach durch nichts, was Jesus tat, berühren! Sie freuten sich nicht mit den Geheilten und Geretteten. Sie weinten nicht über ihre Sünden oder die Missetaten anderer. Stattdessen fanden sie an denen, die wahrhaft gläubig waren und mit reiner Motivation wirkten, immer etwas auszusetzen. Über Johannes, der asketisch lebte, sagten sie, er sei besessen. Über Jesus, der nicht fastete und mit Sündern Gemeinschaft hatte, sagten sie, er sei ein Fresser, Weinsäufer und Freund der Zöllner und Sünder. Wie sehr sie Jesus verkannten, der eben gerade die Nähe zu den Sündern suchte, um ihnen Liebe zu zeigen und die Vergebung anzubieten. Das nächste Ereignis zeigt fast schon beispielhaft einen Pharisäer, der Jesus nicht als den Immanuel erkannte. Und doch Jesu Liebe zu ihm zu spüren bekam.

Teil 3: Jesus vergibt Sünden (Verse 36-50)

Jener Pharisäer, Simon hiess er, lud Jesus zum Essen ein. Wir wissen nicht, aus welcher Motivation er das tat. Vielleicht erhoffte er sich, Jesu Lehre zu hören, sei es aus Neugier, sei es, um einen Anklagegrund gegen den Messias zu finden. Denn viele geistlichen Oberen hatten Jesus auf dem Kieker, weil er vollmächtig lehrte und auch unangenehme Wahrheit aussprach. Sie sahen ihn als Gefährder ihrer Popularität und der öffentlichen und gesellschaftlichen Ordnung. Wie auch immer: Dieser Pharisäer bewirtete Jesus. Und da geschah etwas ganz Unerwartetes. Lesen wir zusammen die Verse 37 und 38: «Und siehe, eine Frau war in der Stadt, die war eine Sünderin. Als die vernahm, dass er zu Tisch sass im Haus des Pharisäers, brachte sie ein Alabastergefäss mit Salböl und trat von hinten zu seinen Füssen, weinte und fing an, seine Füsse mit Tränen zu netzen und mit den Haaren ihres Hauptes zu trocknen, und küsste seine Füsse und salbte sie mit dem Salböl.» Diese Frau war in der Öffentlichkeit als Sünderin bekannt; aller Wahrscheinlichkeit nach war sie eine Prostituierte. Aber sie war Jesus begegnet, hatte seine volle Vergebungsgnade erlebt, war errettet und fühlte sich frei und geliebt. Sie nutzte die erstbeste Gelegenheit, Jesus, der sie so liebte, zu zeigen, dass sie ihn auch liebhatte. Sie wollte damit keinen günstigen Zeitpunkt abwarten, nein, sie wollte gar nicht warten. Egal wer ihr zusah, sie kam zu Jesus und tat für ihn, was sie konnte und was ihr Herz ihr sagte. Was sie tat, war unkonventionell, intim, hingebungsvoll und ganzherzig. Unkonventionell, aber sie schämte sich nicht, denn das, von was sie Jesus befreit hatte, war so viel schamvoller gewesen! Intim, und diesmal genoss die Frau die Nähe, denn sie war keine erzwungene, körperliche, sondern eine heilige, von Liebe erfüllte. Hingebungsvoll, weil diese Frau Jesu vollkommene Hingabe für sie erlebt hatte. Und ganzherzig, weil diese Frau Jesus wirlich von ganzem Herzen liebte. Wie wunderschön das war! Jesus sah mitten in dieses liebende Herz der Frau. Und liess sie gewähren. Das wiederum verstand Simon nicht. War Jesus denn nicht ein Prophet? Wusste er wirklich nicht, wen er da vor sich hatte? Oder gab er sich da womöglich absichtlich mit so einer Sünderin ab? Jesu Herz, das sich an der Frau erfreute, muss angesichts von Simons Gedanken schwer und schmerzvoll geworden sein. Dieser Pharisäer hatte kein offenes Herz, in welches Jesu wunderbares Licht der Gnade hätte dringen können. Aber Jesus wollte ihm eine Chance geben und ihn über sich selbst lehren. Er richtete sich auf, blickte Simon an. Tadelte ihn nicht, sondern redete geduldig zu ihm. «Simon, ich habe dir etwas zu sagen.» Der Pharisäer war bereit, sich Jesus anzuhören: «Meister, sag es!» Diese Bereitschaft ist für alle Menschen, die noch nicht offen sind für den Christus, ein erster Schritt. Wer nicht einmal bereit ist, hinzuhören bei Jesu Worten, wird nicht neugierig auf diesen liebevollen Hirten, der göttliche Macht besitzt und der uns äusserst Wichtiges, Grossartiges zu sagen hat.

Jesus lehrte Simon durch ein Gleichnis. Lesen wir dieses zusammen, das sind die Verse 41 und 42: «Ein Gläubiger hatte zwei Schuldner. Einer war fünfhundert Silbergroschen schuldig, der andere fünfzig. Da sie aber nicht bezahlen konnten, schenkte er’s beiden. Wer von ihnen wird ihn mehr lieben?» Da waren zwei Menschen einem anderen Menschen viel Geld schuldig. Einer davon hatte sogar fast unermesslich grosse Schulden. Beiden musste, je näher der Tag des vereinbarten Rückzahlungstermins kam, immer banger geworden sein. Und dann kam jener Tag. Anstatt dass der Gläubiger das fehlende Geld eintrieb oder die zahlungsunfähigen Schuldner ins Gefängnis werfen liess… erliess er ihnen einfach sämtliche Schulden! Was mussten die beiden erleichtert gewesen sein. Und berührt von der grossen Tat des Gläubigers. Es war aber ein Unterschied zwischen den beiden Schuldnern. Einer von ihnen hatte ungleich mehr erlassen bekommen als der andere. Es war logisch, dass er ihn noch mehr liebte als der, dem weniger erlassen worden war. Brav wie ein Bibelschüler, antwortete Simon auf Jesu Frage: «Ich denke, der, dem er mehr geschenkt hat.» Jesus lobte ihn für seine richtige Antwort. Und kam dann auf die Frau zu sprechen, die wie der Schuldner war, dem viel erlassen worden war. Jesus fragte Simon: «Siehst du diese Frau?» Natürlich hatte Simon diese Frau schon längst gesehen. Und ihm war es unrecht, ja peinlich gewesen, was sie in seinem Haus alles gemacht hatte. Aber nun sollte er die Frau wirklich ansehen und mit anderen Augen sehen. Nicht aus der Perspektive eines Pharisäers, der gerne mochte, wenn alles seine Ordnung hatte und wenn sein Haus möglichst rein – rein, wie er es verstand – gehalten wurde. Sondern aus der Perspektive Jesu, der sich von ganzem Herzen wünscht, dass die Menschen zu ihm kommen, seine Gnade annehmen, seine Liebe spüren und diese erwidern. Ganz egal, was für einen Hintergrund sie haben. Er hätte sich auch von Simon gewünscht, dass er das tat. Aber dieser konnte Jesus nicht so lieben, wie diese Frau, weil er sich seiner Sünden und seiner Abhängigkeit von Jesu Vergebungsgnade nicht bewusst war. Er spürte Jesu Liebe nicht genügend, weil er nicht bereit dazu war, den Messias in sein Herz zu lassen. Jesus verglich ihn direkt mit dieser Frau: «Ich bin in dein Haus gekommen; du hast mir kein Wasser für meine Füsse gegeben; diese aber hat meine Füsse mit Tränen genetzt und mit ihren Haaren getrocknet. Du hast mir keinen Kuss gegeben; diese aber hat, seit ich hereingekommen bin, nicht abgelassen, meine Füsse zu küssen. Du hast mein Haupt nicht mit Öl gesalbt; sie aber hat meine Füße mit Salböl gesalbt.» Es jammert Jesus, wenn jemand ihm nur halbherzig dient, aus Anstand, weil es dazugehört, aus Gewohnheit oder ähnliches. Denn er will, dass wir seine Liebe tiefgehend spüren und uns auf die Beziehung mit ihm ganz einlassen. Und uns von ihm bei der Hand nehmen und zur Busse leiten lassen durch seine wundervolle Güte. Und genau das hatte die Frau gemacht. Sie wurde nun, hier in Simons Haus, gerechtfertigt und gewürdigt für ihre Umkehr zu Jesus. Jesus sagte, dass ihre Sünden vergeben waren! Weil es viele Sünden waren, von denen sie nun frei war, liebte sie Jesus so sehr. Sie spürte längst, dass sie befreit war von ihren Missetaten. Aber Jesus sagte es ihr nun vor allen anderen: «Dir sind deine Sünden vergeben.» Das lenkte die Aufmerksamkeit der Anwesenden, die der Frau bestimmt inzwischen etwas unangenehm war, weg von ihr. Auf Jesus, den Heiland, den Sohn Gottes. Dieser hat die Vollmacht, uns alle Sünden zu vergeben! Alle wunderten sich. Lesen wir zusammen die Verse 49 und 50: «Da fingen die an, die mit zu Tisch sassen, und sprachen bei sich selbst: Wer ist dieser, der auch Sünden vergibt? Er aber sprach zu der Frau: Dein Glaube hat dir geholfen; geh hin in Frieden!» Offenbar erkannten die Anwesenden, dass sie mit Jesus jemand mehr als Besonderen, jemand Höheres, vor sich hatten. Indessen war die Frau vollkommen wiederhergestellt. Ihr innerer Friede wallte wie ein grosser Fluss in ihrem Herzen. Was hatte ihr geholfen? Genau: ihr Glaube! Jesus sieht unseren Glauben und wirkt auf diesen hin in uns. Vertrauen wir ihm. Lassen auch wir uns von seinem Wort berühren und uns von ihm bei der Hand nehmen! Er führt uns in eine herrliche Zukunft. Und diese ist immer näher an ihm und an seinem Vater. 

Zum Schluss

Lesen wir nochmals zusammen die Leitverse, Verse 22 und 23: «Und er antwortete und sprach zu ihnen: Geht und verkündet Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf, Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig ist, wer sich nicht ärgert an mir.»

Heute haben wir uns mit drei wichtigen Eigenschaften Jesu beschäftigt. Erstens: Er heilt und rettet die Menschen. Das ist bei ihm immer im Fokus. Wir haben viele Fehler und viele Sünden. Klar sollen wir für diese Busse tun. Aber es tut uns viel wohler, wenn wir nicht einfach nur auf sie schauen, sondern auf die vielfältige Gnade, die wir von Jesus schon bekommen haben. Die Wirkung, die Rettung, die Hilfe, die wir von ihm schon erfahren haben. Zweitens: Jesus ruft uns zur Busse. Und das kann durchaus durch Worte von anderen Gläubigen sein, manchmal auch durch ein Bibelwort, manchmal durch ein Erlebnis. Der HERR kann uns auch mal demütigen oder trainieren – denn er will uns niemals in der Sünde verloren gehen lassen, sondern bringt uns immer und immer wieder zu sich! Das ist seine Unermüdlichkeit aus Liebe zu uns. Drittens: Jesus vergibt Sünden. Bekennen und Bereuen der Sünden vor ihm wirkt immer. Jesu Liebe ist unendlichmal grösser als noch die grössten und zahlreichsten Sünden, die wir begehen. Jesus ist für uns am Kreuz gestorben. Sein Blut, das er für uns dort vergossen hat, ist eine nie versiegende Quelle der Vergebung. Aus dieser können wir immer aus dem Vollen schöpfen. Nehmen wir Jesus ganz an. Glauben wir an ihn. Dann sagt er auch uns: Deine Sünden sind dir vergeben. Dein Glaube hat dir geholfen. Geh hin in Frieden. Amen? Amen!