Geh nicht vorbei an der Liebe Gottes

Lukas 11,37-54

Guten Morgen! Ich freue mich sehr, dass wir heute wieder hier versammelt sind und den Gottesdienst feiern. Wir sind hier als Mitglieder der weltweiten Grossfamilie der Gläubigen. Wir sind geliebte Kinder Gottes. Du bist geliebt, du bist auch geliebt, ich bin auch geliebt. Freuen wir uns täglich über diese Liebe, die wir einfach so bekommen haben. Über Gott, unseren himmlischen Papa. Und über Jesus, der seine unverdiente, vollkommene Hingabe zu jedem, jeder von uns ist. Leider haben und hatten nicht alle Menschen das Bewusstsein von Gottes Liebe und Gnade. Auch nicht solche, die sich eingehend mit Gottes Wort auseinandersetz(t)en. Durch die weltliche Brille gesehen wären uns nämlich Gottes Gebote nur Moralin und Gottes Aufrufe zur Busse wären nur ein Angriff auf unser Ego. Was den geistlichen Leitern im heutigen Wort passierte, sollte uns aufhorchen lassen. Wie reagieren wir auf Gottes Wort? Erkennen wir die wahre Absicht hinter diesem, nämlich dass es zu unserem Besten ist? Lassen wir uns von ihm in Gottes herrliches Licht stellen? Berührt es uns und macht es uns aktiv, Busse zu tun und gerne zu tun, was recht ist vor Gott? – Lesen wir zusammen den Titel meiner Botschaft: «Geh nicht vorbei an der Liebe Gottes.» Und lesen wir zusammen den Leitvers, Vers 42.

Aber weh euch Pharisäern! Denn ihr gebt den Zehnten von Minze und Raute und allem Kraut und geht vorbei am Recht und an der Liebe Gottes. Doch dies sollte man tun und jenes nicht lassen.

Lukas 11,42

Auch heute möchte ich mit einer kurzen Geschichte beginnen… Es war einmal ein Wanderer, der verirrte sich in einer ihm unbekannten Gegend. Da die Batterie seines Handys leer war und er keine Karte dabeihatte, ging er aufs Geratewohl seinen Weg, immer weiter. Er ging durch Wäldchen, an Wiesen und Feldern entlang und über kleine Brücken. Auf einmal kam er an einen schönen kleinen Teich, der in verschiedenen Farben schillerte. Beim Bachzulauf schöpfte und trank er Wasser. Dann sah er ein paar Beeren, pflückte diese und ass sie. Bald darauf wurde ihm angenehm warm und duselig. Die Beeren verursachten tatsächlich einen Rausch! Als dieser verflogen war, ging der Wanderer weiter und kam an eine Wegverzweigung. Rechts ging der Weg neben Wiesen her, aber links waren am Wegrand noch Sträucher. Der Mann wollte noch mehr Beeren finden, die einen süssen Rausch verursachten! In dem Moment tauchte wie aus dem Nichts eine Art Wächter auf: «Wohin wollen Sie, werter Herr?», fragte der. Der Wanderer nannte seinen Zielort. «Dann biegen Sie rechts ab.» – «Unsinn. Ich halte mich links. Irgendwann kommt mir eh wieder etwas bekannt vor von der Gegend.» Der Wanderer bog links ab und ging weiter. Da sah er auf einmal einen Felsen, der glänzte. Der Mann kam näher. Da war tatsächlich Gold in dem Felsen! Der Mann suchte einen spitzen Stein, fand einen, haute ein paar Goldsteinchen heraus und sackte diese hochzufrieden ein. Dann ging er weiter. Dann kam er wieder an eine Weggabelung. Rechts ging es durch Felder, aber geradeaus waren noch Felsen, und in der Ferne schimmerte bereits wieder einer von ihnen golden. Erneut tauchte der Wächter auf: «Biegen Sie rechts ab, dann sind Sie gleich an Ihrem Ziel.» – «Unsinn. Ich gehe geradeaus. Ist doch nur ein Umweg, der kommt auch ans Zielort.» Und weiter war der Wanderer. Er schürfte noch etwas Gold von einem Felsen. Dann sah er eine Steintreppe. Neugierig ging er diese hinunter. Da war ein antikes Amphitheater! Der Mann stellte sich unten in dessen Mitte und sang. Er hatte eine wunderschöne Stimme. Bald schon hörte man ihn im nahen Dorf und es scharten sich Bewunderer um ihn. Einige von ihnen folgten ihm nach, als er weiterging. Bald darauf kam wieder eine Weggabelung. Und wieder tauchte der Wächter auf: «Biegen Sie nach rechts ab, das ist Ihre letzte Chance!» – «Unsinn. Ich will mit diesen Menschen gehen. Die feiern mich! Zudem: Alle Wege führen nach Rom, wie man so schön sagt.» Da zerrte ihn der Wächter mit sich. Und rettete ihm damit das Leben: Denn zur Linken brach ein Waldbrand aus und das Feuer hätte den Wanderer todsicher ereilt.

Nicht alle haben das Glück oder die Einsicht, einen solchen Wächter zu haben und dessen Druck nachzugeben. Auch nicht die geistlichen Leiter im heutigen Wort. Dabei hatten sie mit Jesus den allerbesten Wächter, besser gesagt: Hirten, den es gibt. Wie gerne hätte dieser es habt, wenn sie nur zu ihm umgekehrt und selber auch rechte Hirten geworden wären! Darum rief er denn auch die Wehrufe über die Pharisäer und Schriftgelehrten aus. Nicht, um sie zu schmähen oder sie zu verletzen. Sondern, um sie wachzurütteln und sie zur Busse zu rufen.

Teil 1: Dann ist euch alles rein (Verse 37-45)

Jesus hatte seine Zuhörerschaft gelehrt, dass sie im Licht des HERRN wandeln sollten. Er hatte auch die geistlichen Leiter kritisiert, die von ihm ein Zeichen gefordert und die ihm die Göttlichkeit seines Handelns abgesprochen hatten. Das muss diese Leiter erbost haben. Einer von ihnen verbarg diesen Grimm aber in seinem Herzen. Er redete freundlich mit Jesus. Lesen wir zusammen den Vers 37: «Als er noch redete, bat ihn ein Pharisäer, mit ihm zu essen. Und er ging hinein und setzte sich zu Tisch.» Jesus wusste, dass dieser Pharisäer und die anderen Oberen, die eingeladen waren, Jesus gerne mit ihren Worten fangen wollten. Denn sie betrachteten ihn nach wie vor als Konkurrenten, den sie ausschalten wollten. Ihn, Gottes Sohn, den Messias! Jesus kam gerne. Er kommt zu den Menschen, die ihn rufen, auch wenn diese kein lauteres Motiv dafür haben. Denn er ist gerne für uns da und hofft, diejenigen lehren und gewinnen zu können, die ihn noch nicht angenommen haben. Wir könnten denken, dass Jesus naiv war, mit seinen Erzfeinden Gemeinschaft zu haben und auf ihre Umkehr zu hoffen. Doch die Liebe des HERRN ist so: langmütig, freundlich, sie lässt sich nicht verbittern, sie rechnet das Böse nicht zu. Die Hoffnung des HERRN für uns Sünder ist immer intakt, der Weg zu ihm zurück ist immer offen.

Was geschah weiter? Lesen wir zusammen den Vers 38: «Als das der Pharisäer sah, wunderte er sich, dass er sich nicht vor dem Essen gewaschen hatte.» Damit ist die rituelle Handwaschung gemeint, wie die Juden sie damals vollzogen. Das ist die sogenannte Netilat Jadajim, das Waschen der Hände durch sie Übergiessen mit frischem Wasser, unter anderem vor dem Essen. Jesus setzte sich zu Tisch, ohne seine Hände so gewaschen zu haben. Nicht, dass er es vergessen hätte, sondern er tat es mit Absicht nicht. Damit wollte er eine Situation heraufbeschwören, die ihm es erlaubte, die geistlichen Leiter über wahre Reinheit und Unreinheit zu lehren. Der Gastgeber wunderte sich tatsächlich über den Regelbruch aus seiner Sicht. Er rümpfte die Nase, schwieg aber. Da habe ich den Beweis, muss er gedacht haben: Jesus hält sich nicht konsequent an die Gebote. Er heilt am Sabbat. Er wäscht sich nicht die Hände. Und der will ein Mann Gottes sein? Jesus erkannte seine Gedanken und sprach ihn darauf an. Nun war sie gekommen, die Stunde der Wahrheit für die geistlichen Leiter. In Jesu Worten, in Jesu Licht wurden nun ihre Sünden schonungslos aufgedeckt… Die erste dieser Sünden betraf die Pharisäer. Diese liebten den schönen frommen Schein. Hinter viel Schein war jedoch wenig Sein. Jesus sprach zu ihnen: «Ihr Pharisäer, ihr haltet die Becher und Schüsseln aussen rein; aber euer Inneres ist voll Raub und Bosheit. Ihr Narren, hat nicht der, der das Äussere geschaffen hat, auch das Innere geschaffen?» Sorgsam achteten diese geistlichen Oberen darauf, dass die Gefässe für die religiösen Rituale auf Hochglanz poliert waren. Überhaupt hielten sie alle Rituale, alle Gebote vollkommen ein – so zumindest liessen sie es ihre Mitmenschen glauben. Aber ihr wahres Wesen war ein anderes: Sie waren habgierig und hängten ihr Herz an den Mammon statt an Gott. Wo sie konnten, profitierten sie von den Abgaben, welche das Volk verpflichtet war, zu geben. Auch waren sie voller Bosheit: Sie sahen zu, dass sie ihren Ruf und ihre Vormachtstellung aufrechterhalten konnten. Wer sich ihnen dabei in den Weg stellte, den räumten sie aus dem Weg. So wollten sie es denn auch mit Jesus tun. Ja, ihr Äusseres war rein und makellos. Aber sie sollten nun auch ihr Inneres beachten. Gott sah ja nicht nur das Sichtbare, sondern auch das in ihrem Innern Verborgenste. Dieses Innere sollten sie zum HERRN bringen: ihre Bosheit, ihre Habgier, ihren Machthunger, ihre Selbstgefälligkeit und Selbstgerechtigkeit. Dann würden sie innerliche Reinigung, Vergebung und Befreiung erleben – die Versöhnung mit Gott durch ihre Busse. So würden sie ganz rein werden. Jesus sagte denn auch zu ihnen; lesen wir den Vers 41: «Doch gebt als Almosen von dem, was da ist; siehe, dann ist euch alles rein.» 

Das Geben von Almosen kann hier durchaus auch im Wortsinn verstanden werden. Ein gebendes Herz und innere Reinheit gehen zusammen. Wer kann geben? Jemand, der dem HERRN vertraut, dass er oder sie dadurch keinen Mangel haben wird. Der das Herz nicht an den Mammon hängt. Wer gibt, verändert sich zum Positiven, ohne das zu beabsichtigen. Ich habe etwas Solches erlebt, eine Art turning point in meinem Leben. Es war Anfang 2011. Ich hatte wieder einmal keinen Job. Mein Geld auf dem Konto wurde immer weniger. Aussicht auf eine Arbeit hatte ich nicht; meine Bewerbungen führten nur zu Absagen. Eines Morgens war ich über meine finanzielle Lage so verzweifelt, dass ich unter Tränen Gott anflehte, mir zu helfen. Ich bekannte ihm: «HERR, ich will von deinen Ressourcen leben und nicht von einem fetten Bankkonto!» In dem Moment liess ich meines Herzens Klammergriff vom Geld los. Ich schaute auf. Am Himmel vor meinem Fenster war, völlig ungewöhnlich für diese Zeit, ein Regenbogen zu sehen! Nur kurz, aber ich hatte Gottes Zeichen der Versöhnung verstanden und wurde getrost. Einige Tage später bekam ich eine temporäre Stelle und meine Finanzprobleme waren vorerst gelöst. Seither fällt es mir viel leichter, zu geben und zu teilen. Ich habe Freude daran, Bedürftigen Geld und Material zu spenden. Mein Herz ist zu einem grossen Teil gereinigt vom Materialismus. Diesen Schatz bewahre ich für immer in meinem Herzen.

Die Pharisäer, die Jesus tadelte, waren offenbar nicht frei von Materialismus. Wenn sie etwas gaben, dann nur, um das Gesetz einzuhalten. Respektive um den Schein zu wahren, dass sie das taten. Lesen wir zusammen den Vers 42: «Aber weh euch Pharisäern! Denn ihr gebt den Zehnten von Minze und Raute und allem Kraut und geht vorbei am Recht und an der Liebe Gottes. Doch dies sollte man tun und jenes nicht lassen.» Diese geistlichen Leiter gaben den Zehnten von dem, was nicht so wertvoll war. Zum Beispiel von der Raute. Das ist ein niedriger Busch, der kleine, garbenartige gelbe Blüten macht. Man kann sie als Gewürz oder zur Herstellung von ätherischen Ölen verwenden. Von diesen Pflanzen zählten die Pharisäer pingelig genau den zehnten Teil ab und brachten ihn dar. Es steht aber nirgends, dass sie etwas Wertvolleres gegeben hätten, etwa Rinder oder Schafe. Auch uns geht es manchmal so: Wir wissen von etwas, dass Gott will, dass wir es tun. Aber wir tun es nicht, weil es uns zu viel Überwindung kostet, es zu tun. Um unser Gewissen zu beruhigen, tun wir stattdessen etwas anderes, das Gott auch will, zu dem wir uns aber kaum überwinden müssen. Doch damit wachsen wir geistlich nicht, weil wir nicht lernen, zum Tun von Gottes Willen unsere innerlichen Widerstände zu überwinden. Glaubenswachstum stand denn auch nicht im Fokus für diese Pharisäer. Sie waren mit ihrem Leben ganz zufrieden. Und so lebten sie an Gott vorbei, neben ihm her, anstatt ihm allmählich näher zu kommen. Sie gingen vorbei an dem, was sie eigentlich hätten suchen müssen, von ganzem Herzen, um ihrer Hirtenrolle gerecht zu werden und um sich den Fesseln der Gesetzlichkeit zu entziehen. Sie gingen vorbei am Recht und an der Liebe Gottes. Hätten sie Gottes Liebe in sich gehabt, wären sie nicht böse gewesen und hätten den anderen Menschen nicht unrecht getan. Für den HERRN ist es am allerwichtigsten, dass wir zuerst seine Liebe suchen, über diese nachdenken und sie ganz annehmen. Vor allem durch das, was Jesus am Kreuz für uns getan hat. Erst wer sich mit der Liebe des HERRN das Herz füllen lässt, hat diesen Überschuss an Liebe und diese Dankbarkeit gegenüber dem HERRN, der ihn oder sie gerecht handeln lässt. Wer aber das Herz vor dem HERRN verschliesst und sich nichts von ihm sagen lässt, wird in Habgier, Selbstsucht, Selbstgerechtigkeit, Stolz und Egoismus bleiben. Jesus sagt hier nicht, dass es falsch war, dass die Pharisäer ihren Zehnten von manchen Dingen darbrachten. Im Gegenteil: Sie sollten geben, das war gut und notwendig. Durch das Geben des Zehnten in seiner Gänze kann man auch den eigenen Materialismus reduzieren. Das hätte diesen geistlichen Leitern sehr gutgetan.

Jesus tadelte noch mehr an den Pharisäern. Sie lebten vor den Menschen und nicht vor Gott. Das zeigte sich daran, dass sie menschliche Anerkennung suchten. Sie wollten gesehen und respektiert werden. Darum sassen sie gerne obenan in den Synagogen und wollten gegrüsst werden auf dem Markt. Weiter waren sie heuchlerisch und dem Volk ein falsches Vorbild. Von ihnen lernte es eine Frömmigkeit ohne Herz. Darum waren die Pharisäer, wie Jesus sagte, wie die verdeckten Gräber, über die die Leute unwissentlich laufen. Wer ein Grab berührt hatte, galt damals als unrein, weil sich ein Leichnam in dem Grab befand. Die geistlichen Leiter, die sich rein dünkten, waren unreinen Herzens, sodass sie ihre Mitmenschen mit dieser Unreinheit anstecken konnten. Daher sagte Jesus auch an einer anderen Bibelstelle zu seinen Jüngern: «Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer.» Nämlich von ihrer falschen Lehre, die die Herzen und Seelen der Zuhörenden allmählich mit Moralin durchsäuerte… Wie reagierten nun die Zuhörenden auf Jesu Wehrufe? Erstaunlicherweise war nicht ein Pharisäer, sondern ein Gesetzeslehrer der Erste, der nach dieser Rede Jesu das Wort ergriff. Er sagte: «Meister, mit diesen Worten schmähst du uns auch.» Jesu Worte bewirkten offenbar nicht Busse bei den geistlichen Leitern. Stattdessen fühlten sie sich beleidigt. Wenn uns Jesus tadelt und zurechtweist, wenn er unsere Sünden aufdeckt, tut er es aber in Wahrheit nicht, um uns zu beleidigen oder zu verletzen. Nein, er tut es, weil ihm alles daran liegt, dass wir unsere Fehler und Sünden einsehen und uns von diesen abkehren. So wenden wir uns wieder ihm zu und lassen uns von ihm auf den rechten Weg leiten. Wer Jesu Liebe hinter seinem Aufruf zur Busse erkennt, wird diesem Aufruf gerne Folge leisten. Wer aber ein verstocktes Herz hat, wie diese geistlichen Leiter, wird den Ruf nicht annehmen, weil er oder sie blind ist für die Liebe, die darin steckt.

Teil 2: Ihr seid nicht hineingegangen (Verse 46-54)

Jesus nahm die Wortmeldung des Gesetzeslehrers zum Anlass, sich nun an diese Gruppe von geistlichen Leitern zu wenden. Sie waren auch nicht besser als die Pharisäer. Auch bei ihnen musste Jesus einiges anprangern. Das Erste war, dass sie Aufgaben gerne auf andere abwälzten und sich nicht gnädig verhielten. Lesen wir zusammen den Vers 46: «Er aber sprach: Weh auch euch Lehrern des Gesetzes! Denn ihr beladet die Menschen mit unerträglichen Lasten und ihr selbst rührt sie nicht mit einem Finger an.» Damit taten diese geistlichen Leiter das Gegenteil von dem, was Jesus tat und uns vorlebte. Er war und ist bereit, alle unsere Lasten zu tragen, damit wir sie nicht tragen müssen. Er hat sogar unsere Sünden für uns getragen und dafür die Höchststrafe verbüsst. Doch die Lehrer des Gesetzes wollten keine Lasten tragen, sondern lieber anderen welche auflegen. Das taten sie, indem sie das Volk mit dem pingeligen Einhalten der Gebote und Satzungen unter Druck setzten. Wehe, wenn sie zum Beispiel eines der 39 Sabbatgebote nicht einhielten! Den Sabbat hielten sie besonders hoch und achteten peinlich genau darauf, dass dann ja niemand irgendetwas tat, das man als Arbeit auslegen konnte. Nicht nur Gottes Gebote kamen dabei zur Anwendung, sondern auch noch zusätzlich die Satzungen des Ältesten. Diese wären an sich gut gewesen, da sie Gottes Gebote konkretisierten für deren Umsetzung im Alltag. Aber wenn Gebote und Verbote zum Selbstzweck oder sogar als Instrument zur Durchsetzung von Macht werden, verlieren sie ihren ursprünglichen Sinn und werden zweckentfremdet. Gottes Wort ist dazu da, uns Gottes Willen zu offenbaren und uns vor Handlungen zu bewahren, die uns und anderen schaden. Darum ist es denn auch keine Last, sie einzuhalten. Wenn wir Gottes Wort gehorchen, werden wir nicht unfreier, sondern freier. Dass wir ohne Gott die Freiheit haben, ist eine Lüge des Satans, die sich rasch entlarven lässt.

Gottes Wort ist weiter dazu da, dass wir es anderen weitergeben. Wir laden andere Menschen zum HERRN ein in der Hoffnung, dass sie ihn auch annehmen und so zum Glauben, zur Errettung, zum Leben kommen. Das hätten die geistlichen Leiter umso mehr tun müssen. Taten sie aber nicht. Lesen wir zusammen den Vers 52: «Weh euch Lehrern des Gesetzes! Denn ihr habt den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen. Ihr selbst seid nicht hineingegangen und habt auch denen gewehrt, die hineinwollten.» Nicht nur blieben diese geistlichen Leiter in ihren eigenen Sünden und nahmen Gottes Wort nicht als heilsame Lehre an. Nein, sie verwehrten auch anderen die Erkenntnis Gottes durch das Wort. Es war ihnen egal, wenn andere die Liebe Gottes nicht spürten, denn sie selber hatten sie auch nicht in sich. Sie verbauten sich selbst den Weg ins Himmelreich und hinderten auch andere daran, in dieses zu gelangen. Das ist eine schreckliche Sünde! Das ist vergleichbar mit dem, wenn jemand nicht nur selber abgefallen ist, sondern auch andere zum Abfall bringt. Wie fatal und folgenreich das ist, wie sehr das dem Satan in die Hände spielt! Jesus hat über Menschen, die Solches tun, in Matthäus 18 gesagt: «Wer aber einen dieser Kleinen, die an mich glauben, zum Abfall verführt, für den wäre es besser, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ersäuft würde im Meer, wo es am tiefsten ist.» Diese schwere Strafe ist nichts gegen die ewige Qual in der Hölle.

Weiter kritisierte Jesus auch an den Gesetzeslehrern deren Heuchelei. Sie bauten den Propheten, die von ihren Vorfahren ermordet worden waren, Grabmäler. Zum Schein respektierten sie die Männer Gottes, denn das Volk ehrte sie und so standen sie gut da vor dem Volk. Aber in Wahrheit trachteten sie danach, DEN Propheten zu töten, den wichtigsten Mann Gottes überhaupt. Nämlich den, den sie vor sich hatten: Jesus Christus, Gottes Sohn, unseren Heiland und Messias. Sie fügten sich nur ein in die traurige Tradition der geistlichen Oberen Israels, die alle aus dem Weg räumten, die ihnen im Namen Gottes Zurechtweisungen und Warnungen gaben. Die es gut mit ihnen meinten, sie aber meinten es böse. Darum sollte das Blut der Getöteten von ihnen gefordert werden! Angefangen vom Allerersten davon: Abel, den sein Bruder Kain aus Neid ermordet hatte. Bis hin zum Propheten Secharja, der die Juden zur Busse aufgerufen hatte und im Heiligtum Gottes umgekommen war. Den geistlichen Oberen, die Solches getan hatten, war offenbar gar nichts heilig gewesen!

Als Jesus zu Ende geredet hatte, herrschte vermutlich erst einmal betretene bis empörte Stille. Wie konnte dieser Gast es wagen, seine Gastgeber und die geistliche Elite so zu tadeln! Auch jetzt waren die Pharisäer und die Schriftgelehrten nicht gewillt, Busse zu tun oder zumindest über Jesu Worte nachzudenken. Ihr Herz war viel zu verstockt und sie waren zu sehr in ihren festgefahrenen Gewohnheiten und Prinzipien, als dass Jesu Tadel ihre Herzen noch berührt hätte. So geht es leider auch heute vielen Menschen, die vom Weg des HERRN so sehr abgewichen sind und die so in ihren Sünden feststecken, dass bei ihnen Aufrufe zu Busse und Umkehr einfach ungehört verhallen. Beten wir für diese Menschen! Denn der HERR hat auch sie noch unverändert lieb und es ist ihm nichts unmöglich. Auch diese Leute können also noch den Turnaround schaffen, wenn etwas sie in ihrem Leben wachrüttelt und ihr Herz weich macht, bereit, den Aufruf zur Busse doch noch zu hören und ihm Folge zu leisten. – Die geistlichen Oberen wurden auf Jesu Worte hin dennoch aktiv, allerdings nicht im Sinne des Christus. Lesen wir zusammen die Verse 53 und 54: «Und als er von dort hinausging, fingen die Schriftgelehrten und die Pharisäer an, heftig auf ihn einzudringen und ihm mit vielerlei Fragen zuzusetzen, und belauerten ihn, ob sie etwas aus seinem Mund erjagen könnten.» Jetzt erst recht, mussten sie sich gedacht haben, und: Jesus ist zu weit gegangen! Darum wollten sie nun umso eifriger einen Grund finden, weshalb sie ihn verklagen und beseitigen konnten. Wie sehr müssen diese verbohrten Menschen Jesus leidgetan haben, die so fern von seiner Liebe lebten! Dieses schmerzende Herz hat Jesus auch gegenüber uns, wenn wir uns von ihm abwenden. Bleiben wir daher immer in seiner Liebe! In dieser ist es sowieso am allerschönsten.

Zum Schluss

Lesen wir zum Schluss nochmals zusammen den Leitvers, Vers 42: «Aber weh euch Pharisäern! Denn ihr gebt den Zehnten von Minze und Raute und allem Kraut und geht vorbei am Recht und an der Liebe Gottes. Doch dies sollte man tun und jenes nicht lassen.»

Im heutigen Wort sind wir vielen Menschen begegnet, die Jesus hassten, weil sie seine Liebe nicht kannten. Jesu Herz schmerzte, weil sie so fern von seiner Liebe und derjenigen seines Vaters waren. Er rief sie zur Busse auf und rüttelte sie auf. Aber sie fühlten sich davon nur angegriffen. Wie reagieren wir auf Jesu Worte? Lassen wir uns davon zu Einsicht und Busse bringen oder reagieren wir wütend und vergessen Jesu Mahnungen möglichst schnell wieder? Möge der HERR jedem und jeder von uns ein Herz geben, Jesu Liebe hinter seinen Worten zu erkennen. Diese Liebe ist herrlich, ganzheitlich, bedingungslos, göttlich. Auch diejenigen Menschen, die vollends aufgehen in Gottes Liebe und den HERRN jede Stunde dafür mit grosser Freude preisen, spüren nur einen kleinen Bruchteil seiner Liebe. So gross ist sie! Möge der HERR durch sein Wort und durch unsere Gemeinschaft mit ihm unsere Herzen und unsere geistlichen Sinne öffnen. Nehmen wir sein Herz an, sodass wir andere Menschen mit seiner Liebe wieder lieben können. So werden wir selber Hirtinnen und Hirten, die sich um seine Herde kümmern, die Verlorenen suchen und zu ihm bringen, Liebe und Barmherzigkeit üben und gerne geben und dienen. So schliessen wir das Himmelreich auf, für uns und für andere. Ebnen wir den Weg für die Verbreitung von Gottes Reich. Gerade heute, in dieser gefallenen Welt, in welcher sozusagen jede Menge Pharisäer und Schriftgelehrte in der Gegend herumlaufen. Für jede(n) von ihnen gibt es noch Hoffnung. Nicht umsonst hat der HERR uns gerade in diese Zeit geboren werden lassen. Öffnen wir unser Herz für den HERRN, lassen wir uns von ihm etwas sagen. Und gehen dann, ausgerüstet mit seiner Liebe und Gnade, hinaus. Wir gehören zu denen, die sein Erlösungswerk wirksam voranbringen. In der heutigen Zeit. Und weltweit.