Hast du mich lieb?

Guten Tag! Frohe Ostern! Es ist ein riesiger Segen, dass wir hier zusammenkommen und den Ostergottesdienst feiern dürfen. Gottes Wunder, wie du, Josua, es einmal ausgedrückt hast. Das Leben in Jesus Christus ist voller Wunder, grösserer und kleinerer. Denn er lebt unter uns, der für uns am Kreuz gestorben und am dritten Tag auferstanden ist. Er liebt uns bedingungslos, einfach weil wir wir sind, seine kostbaren Geschöpfe, seine Kinder. Und er will, dass wir die persönliche Beziehung zu ihm haben und pflegen. So ist ein Leben mit dem auferstandenen Jesus. Heute betrachten wir Johannes 21; ein eher ungewöhnliches Wort für Ostern. Es geht weniger um die Auferstehung Jesu als um das Danach. Nicht um Theorie, sondern um Glaubenspraxis. Manchmal erscheint uns das reichlich abstrakt, zu hören: «Jesus ist auferstanden.» Viel lieber haben wir persönliche Jesus-Erlebnisse, die unseren Glauben wiedermal boosten. Zum Glauben gehört auch die Liebe zum HERRN. Lesen wir gemeinsam den Titel meiner Botschaft: „Jesus spricht: Hast du mich lieb?“ Und lesen wir zusammen den Leitvers, Vers 15: 

(Johannes 21,15) Als sie nun das Mahl gehalten hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieber, als mich diese haben? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weisst, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Lämmer!

Johannes 21,15

Auch diesmal möchte ich meine Botschaft mit einer Geschichte beginnen. Diese stammt übrigens nicht von mir, sondern von einer Autorin namens Nathalie Oettli.

Max und Peter waren Schüler der dritten Klasse. Sie wohnten gegenüber in derselben Strasse einer kleinen Stadt. Früher waren sie dicke Freunde gewesen. Dann war es aus einem unerfindlichen Grund zu Streit gekommen, und sie hatten begonnen, einander wie böse Feinde zu hassen. Lief Max aus dem Tor seines Hofes, so schrie er über die Strasse: „He, du Dummkopf!“ Und er zeigte dem früheren Freund die Faust. Und Peter gab zurück: „Wie viele solche Mistkäfer, wie du einer bist, gehen wohl auf ein Kilo?“ Dabei drohte auch er mit der Faust. Ihre Schulkameraden versuchten mehrmals, die beiden zu versöhnen, aber alle Mühe war umsonst: Sie waren richtige Starrköpfe. Schliesslich fingen sie an, einander mit Schmutzklumpen zu bewerfen. Einmal regnete es besonders stark. Dann verzogen sich die Wolken, und die Sonne zeigte sich wieder, aber die Strasse stand unter Wasser. Wer sie überqueren wollte, tastete mit dem Fuss ängstlich nach der Tiefe des Wassers und wich wieder zurück. Max trat aus dem Haus, blieb beim Hoftor stehen und schaute mit Vergnügen um sich: Alles war so sauber und frisch nach dem Regen und glänzte in der Sonne. Plötzlich aber verfinsterte sich sein Gesicht. Er sah seinen Feind Peter am jenseitigen Hoftor stehen. Und er sah auch, dass Peter einen grossen Stein in der Hand hielt. So, so, dachte sich Max, du willst also einen Stein nach mir werfen. Nun gut, das kann ich auch! Er lief in den Hof zurück, suchte und fand einen Ziegel und lief wieder auf die Strasse, zur Abwehr bereit. Doch Peter warf den Stein nicht nach dem Feind. Er kauerte sich an den Strassenrand und legte ihn behutsam ins Wasser. Dann prüfte er mit dem Fuss, ob der Stein nicht wackle, und verschwand wieder. Der Stein sah wie eine kleine Insel aus. „Ach so“, sagte sich Max. „Das kann ich auch.“ Und er legte seinen Ziegel ebenfalls ins Wasser. Peter schleppte schon einen zweiten Stein herbei. Vorsichtig trat er auf den ersten und senkte den zweiten ins Wasser, in einer Linie mit dem Ziegel seines Feindes. Dann holte Max drei Ziegelsteine auf einmal. So bauten sie einen Übergang über die Strasse. Leute standen zu beiden Seiten. Sie schauten den beiden zu und warteten. Schliesslich blieb nur ein Schritt zwischen dem letzten Ziegel und dem letzten Stein. Max und Peter standen einander gegenüber. Seit langer Zeit blickten sie sich zum ersten Mal wieder in die Augen, und Max sagte: „Ich habe eine Schildkröte. Sie lebt bei uns im Hof. Willst du sie sehen?“ Das war der Neuanfang ihrer Freundschaft…

Quelle: http://www.vernetzteslesen.at/fileadmin/downloads/vernetztesL/Dokumente/Unterlagen/ueberBruecken/2.10_ueberBRUECKEN-Religion.pdf

Diejenigen von uns, die sich schon mit Johannes Kapitel 21 befasst haben wissen, in welchem geistlichen Zustand sich die Jünger damals befanden. Sie hatten Jesus verlassen, als es diesem am Tag seiner Kreuzigung ans Lebendige ging. Nun steckten sie voller Schuldgefühle. Sie dachten, ihre Beziehung zu Jesus sei nun nicht mehr zu kitten. Auch wenn Jesus sie schon zweimal seit seiner Auferstehung besucht hatte. Es brauchte, wie in der eben gehörten Geschichte, eines: die Wiederherstellung ihrer Beziehung. Von sich aus konnten Jesu Jünger diese nicht leisten. Zu gross waren ihre Gewissensbisse. Daher war es Jesus, der die Initiative dazu ergriff. Auf einzigartige Weise, wie nur er das kann. Denn er weiss bei jedem und jeden von uns, was es braucht, um ihn/sie neu für sich zu gewinnen, zu begeistern und Hemmnisse in der Beziehung zu ihm auszuräumen.

Teil 1: Jesus offenbart sich am See Tiberias (Verse 1-14)

Lesen wir gemeinsam den Vers 1: «Danach offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See Tiberias. Er offenbarte sich aber so:» Diesmal zeigte sich Jesus seinen Jüngern nicht in Emmaus und nicht in Jerusalem. Sondern in Galiläa, wo sie daheim waren. Den Ort hatte er sich bewusst ausgesucht. Er hatte zu ihnen vor seinem Tod gesagt, dass sie ihn nach seiner Auferstehung in Galiläa finden würden. Zudem holte er sie nun buchstäblich dort ab, wo sie waren. Am Nullpunkt, am Anfangspunkt ihres Weges mit Jesus. Dort, wo die meisten der Jünger ihm zum ersten Mal begegnet waren. Die Jünger, das waren Simon Petrus, Thomas (der «Ungläubige»), Nathanael, Jakobus, Johannes und zwei namentlich nicht genannte andere Jünger.

Doch zuerst waren diese Jünger erst mal alleine, ohne Jesus. Ohne ihren Rabbi, der sie drei Jahre lang geleitet und gelehrt hatte. Ihren Tagen Inhalt und Sinn gegeben hatte. Was sollten sie nun ohne ihn tun? Sie besannen sich auf das, was sie schon vor ihrem Leben mit Jesus getan hatten. Das war bei den meisten das Fischen. Und von etwas mussten sie ja leben. Die Fische konnten sie essen und den Rest verkaufen. Ein Leben wie vor der Berufung. Zurück auf Feld eins. Vom Jünger zum einfachen Broterwerbenden. Vom Menschenfischer zum gewöhnlichen Fischer. Vom Leben für andere zurück zum Leben für sich selber und den eigenen Broterwerb. War es das gewesen? Zuerst sah es danach aus. Lesen wir gemeinsam den Vers 3: «Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich will fischen gehen. Sie sprechen zu ihm: So wollen wir mit dir gehen. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts.» Die sieben Männer tun mir leid. Hätten sie nicht wenigstens als kleinen Trost einige Fische fangen können? So viele, dass sie sich zumindest einigermassen hätten satt essen können? Nein. Stattdessen rackerten sie sich die ganze Nacht vergeblich ab. Zu ihren Schuldgefühlen gegenüber Jesus kam nun noch ihr berufliches Versagen dazu. Sie waren nicht in der Lage gewesen, Jesus bis zum Ende zu folgen. Und nun waren sie nicht einmal mehr in der Lage, ihre Erwerbsarbeit zu tun, mit der sie doch so viele Jahre Erfahrung hatten?!

Während sie sich so noch grämten, während sie sich schon mutlos wieder dem Ufer näherten, war es bereits hell geworden. Und da konnten sie an Land auf einmal eine Menschengestalt erkennen. Lesen wir zusammen den Vers 4: «Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war.» Eigentlich schon merkwürdig: Da waren die Jünger drei Jahre mit Jesus unterwegs gewesen, und nun erkannten sie ihn nicht, obwohl er deutlich zu sehen war! Gut, er hatte einen etwas anderen Leib als vor seiner Auferstehung, aber auch so hatten sie ihn schon gesehen. Die Jünger litten nicht unter Prosopagnosie. Aber unter geistlicher Blindheit, gespeist aus einem schweren, kummervollen Herzen. Wie oft passiert es, dass wir nicht erkennen, dass Jesus da ist, ganz nahe bei uns. Weil wir in unseren eigenen Gedanken, negativen Gefühlen usw. sind. Da ist ein guter Freund, dem der HERR genau die richtigen Worte in den Mund gelegt hat, um uns zu trösten. Da ist eine wunderschöne Blume am Wegrand, die gestern noch zu war und heute blüht. Da ist eine Schulkollegin, die einen Gegenstand findet, den wir verloren haben, und ihn uns zurückgibt. Oder die Beförderung bei einer Stelle just dann, wenn uns Geldknappheit droht. Manchmal sind wir offen für diese Offenbarungen von Gottes Liebe. Dann jubelt unser Herz. Aber manchmal geht das eben nicht. Dann braucht es ein Gotteswort, ein Innehalten, eine Gemeinschaft bzw. Begegnung mit dem HERRN. Wie hier bei den Jüngern.

Lesen wir zusammen den Vers 5: «Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein.» Die Jünger waren alles gestandene, starke Männer. Aber hier spricht sie Jesus als Kinder an. Er sah direkt in ihre Herzen, und diese waren verängstigt und verunsichert wie die Herzen hilfloser kleiner Kinder. Jesus wollte sich ihrer annehmen. Ohne ihn waren sie wie Waisenkinder. Vor seinem Tod hatte Jesus seine Jünger in einer überaus herzlichen Rede versichert: «Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich komme zu euch.» (Johannes 14,18) Jesu Liebe zu uns ist eine väterliche Liebe. Er ist ja auch Gott, und wir sind Gottes Kinder. Ein guter Vater kümmert sich ganzheitlich um seine Kinder, gibt jedem von ihnen sein ganzes Herz. Würde für seine Kinder sein eigenes Leben lassen. Nun, das hat Jesus am Kreuz für uns tatsächlich getan.

Jesus sprach nun zu seinen Jüngern: «Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden!» Als sie dem gehorchten, fingen sie so viele Fische, dass das Netz davon zu schwer wurde, um es zu ziehen. Eigentlich hätte das dem Jünger Simon Petrus bekannt vorkommen sollen. Er hatte einst am gleichen Ort die ganze Nacht nichts gefangen. Auf Jesu Anweisung hin hatte er an einer anderen Stelle des Sees gefischt und eine grosse Menge Fische gefangen. Da hatte er erkannt, dass Jesus der HERR ist. Und war ihm sogleich gefolgt, als er ihn berufen hatte. Und nun? Nun war es nicht Petrus, sondern ein anderer Jünger, der durch das Wunder Jesus (wieder-)erkannte. Das war Johannes, der sich hier nicht mit Namen zu erkennen gibt. Der sagte zu Petrus: «Es ist der HERR!» Als das Petrus hörte, zog er rasch sein Hemd an, um nicht nackig vor Jesus zu erscheinen. Das Boot war ihm zu langsam, also schwamm er ans Ufer, obwohl sie nahe an ihm waren. Schon vor Jesu Tod war Petrus der Eifrigste unter den Jüngern gewesen. Dieser Eifer war nicht weg, Gott sei Dank. Petrus wollte zu Jesus, bei ihm sein, ihn hören. Auch jetzt, trotz allem. Während er Jesus erreichte, kamen die anderen Jünger mit dem Boot und dem vollen Fischernetz nach.

Als sie nun an Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer und Fische darauf und Brot. Jesus hatte ihnen also ein feines Frühstück zubereitet! Mit viel Liebe. Er wollte, dass sie sich wärmen und sättigen konnten. Sowohl leiblich als auch geistlich. Er hatte alles vorbereitet. Und dennoch wollte er die Jünger noch am gemeinsamen Fisch-Grillieren beteiligen. Lesen wir zusammen die Verse 10 und 11: «Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt! Simon Petrus stieg hinein und zog das Netz an Land, voll grosser Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht.» So ist Jesus. Sein Werk ist schon vorbereitet, aber er möchte, dass wir uns daran beteiligen. Die Fische stehen hier auch symbolisch für Menschen, die wir zu Jesus einladen, zu ihm bringen. Die Zahl 153 ist übrigens in dem Zusammenhang interessant. In der antiken griechischen Zoologie zählte man 153 Fischarten. Das heisst, die Jünger brachten Fische – im übertragenen Sinne: Menschen – aller Art zu Jesus. 153 ist zudem auch die Zahl der Kapitel der ersten vier Bücher der Bibel. Und in der jüdischen Tradition der Kabbala ist die Zahl mit dem Wort «gut» assoziiert.

Jesus lud seine Jünger zum Mahl ein. Dabei musste er sie mehrmals dazu auffordern, zum Essen zu kommen. Er gab ihnen das Essen, sie nahmen es sich nicht selber. An dieser zögerlichen Haltung sah man auch, dass die Jünger noch immer unsicher in Jesu Gegenwart waren. Sie getrauten sich auch nicht zu fragen, ob sie wirklich den HERRN vor sich hatten. Und doch muss ihnen diese gemeinsame Zeit mit Jesus gutgetan haben. Jesus will mit uns immer Gemeinschaft haben. Einst im Himmelreich werden wir sie ewig und ungetrübt mit ihm haben. Das wird dann auch wie ein gemeinsames Essen, ein Festmahl sein, nur in ungleich viel schöner.

Die Schuldgefühle der Jünger waren ein echtes Hindernis, die Beziehung mit Jesus wieder aufzunehmen. Aber Jesus wies nicht auf ihre Schuldgefühle hin, sondern zeigte ihnen viel mehr seine Liebe. Das ist eine ertragende Liebe. Auch wir können trotz unserer Schuld, unserem Versagen usw. zu ihm kommen. Denn er will unsere Beziehung zu ihm von sich aus wiederherstellen. Lernen wir doch diese seine bedingungslose, uns tragende Liebe Jesu kennen.

Teil 2: Weide meine Schafe! (Verse 15-25)

Als sie noch dasassen, widmete sich Jesus speziell Simon Petrus. Bei diesem sass die Schuld am tiefsten. Er hatte vor Jesu Tod geglaubt, der Beste unter allen Jüngern zu sein. Aber schlussendlich war er es gewesen, der in der Nacht vor der Kreuzigung Jesus dreimal verleugnet hatte! Darum gab ihm Jesus nun eine besondere Chance zur Wiedergutmachung. Dreimal hatte Petrus Jesus an einem Kohlenfeuer verleugnet. Dreimal durfte er ihm nun an einem Kohlenfeuer gestehen, dass er ihn trotzdem liebte. Lesen wir zusammen die Verse 15 bis 17: «Als sie nun das Mahl gehalten hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieber, als mich diese haben? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weisst, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Lämmer! Spricht er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weisst, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe! Spricht er zum dritten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Petrus wurde traurig, weil er zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb?, und sprach zu ihm: Herr, du weisst alle Dinge, du weisst, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe!»

Jesus spricht den Jünger hier nicht mit Petrus an, sondern mit seinem eigentlichen Namen, Simon. Also nicht mit «Fels», was die Stärke des Jüngers und die Erwartungen an sein Wirken betonte. Sondern als Simon, als schwachen Menschen, auf dem erstmal keinerlei Erwartungen ruhten. Simon konnte bei Jesus ganz Simon, also er selbst, sein. Simon in seiner Schwäche, mit seinem Versagen. Jesus aber liebte ihn unverändert, hatte ihn auch in der Stunde seiner Verleugnung geliebt. Denn Jesus ist treu. Er fragte nicht: «Warum hast du mich verlassen?», sondern «Hast du mich lieb?» Das ist sein Fokus auch bei uns: auf die Liebe und nicht auf unser Versagen. Er wartet nicht, bis wir bessere Menschen sind, bis er uns das Geständnis unserer Liebe zu ihm entlockt. Sondern er tut es auch gerade dann schon, wenn wir versagt haben.

Jesus fragte Petrus: «Hast du mich lieber, als mich diese haben?» Früher hätte Petrus auf diese Frage voller Selbstbewusstsein geantwortet: «Ja, aber sicher! Ich habe dich viel lieber als sie alle zusammen! Was ist das für eine Frage?» Nun aber hatte Petrus seine Lektion in Demut gelernt. Er sagte ihm einfach: «Du weisst, dass ich dich lieb habe.» In der griechischen Übersetzung verwendet Jesus ein anderes Wort für «lieb haben», als Petrus in seiner Antwort gebraucht. Jesus spricht von «agape», was die Liebe von ganzem Herzen, wie Gott sie hat, bezeichnet. Petrus spricht von «philia», was Zuneigung oder freundschaftliche Liebe bedeutet. Petrus getraute sich nicht von intensiver Liebe zu sprechen. Aber er wusste doch, dass Jesus in sein Herz sah. Und wusste, wie es in diesem aussah. Dreimal fragte Jesus, ob Petrus ihn lieb habe. Beim dritten Mal war Petrus traurig, verunsichert. Warum fragte das Jesus dreimal, er hatte ihn die Antwort doch schon gegeben? Und doch erkannte er durch seine eigene Antwort: Jesus weiss alles, also wusste er auch um seine Liebe. Die inzwischen in seinem Herzen wieder kräftig am Wachsen war. Jesus fragt auch uns: «Hast du mich lieb?» Knüpft an unsere persönliche Beziehung zu ihm, hält sie lebendig. Es tut auch gut, wenn wir uns fragen, ob wir Jesus lieb haben. Denn so können wir diese Liebe erneut spüren. Erkennen, wie es um unseren Glauben steht. Und wenn wir bekennen, dass wir Jesus lieben, seine Liebe erwidern, freut er sich sehr darüber.

Mit der Frage, ob Petrus Jesus lieb habe, verband Jesus alle drei Male die Aufforderung: «Weide meine Lämmer» bzw. «Weide meine Schafe!» Wir können unsere Liebe zum HERRN am allerbesten zeigen, indem wir seinem Wort gehorchen. Seinen Auftrag erfüllen, sich um die Menschen zu kümmern, die er uns anvertraut hat. Der Grund, warum wir das tun ist, dass wir seine Liebe für uns Sünder noch tiefer erkennen. Wir laden Menschen zu ihm ein, damit auch sie zum Glauben und zum Leben kommen. Das ist Gottes weltweite Herde, das sind seine Lämmer und Schafe, kleine und grosse. Ich persönlich mag das Wort «Lämmer» sehr gerne, wenn es um die Menschen geht, die wir zu Jesus bringen sollen. Ich versuche, sie mit den liebenden Augen zu sehen, mit denen sie der HERR sieht. Dann sind sie wie zarte, hübsche Lämmer in ihrer ganzen Schönheit, Einzigartigkeit und Kostbarkeit, wie sie diesen hoffnungsvollen Geschöpfen Gottes eigen ist.

Weiter redete Jesus mit Petrus; lesen wir gemeinsam die Verse 18 und 19: «Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wo du hinwolltest; wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und führen, wo du nicht hinwillst. Das sagte er aber, um anzuzeigen, mit welchem Tod er Gott preisen würde. Und als er das gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach!» Das sind ganz kostbare Worte. Denn mit diesen berief Jesus Petrus im Grunde neu. Er gab ihm die Aussicht auf ein Leben aus Glauben, in der Nachfolge Jesu. Dieses würde zur Ehre des HERRN sei, sogar der Tod, den der Jünger einst sterben würde. Später starb Petrus denn auch einen Märtyrertod. Die Legende sagt, dass er gekreuzigt wurde. Aber da er sich nicht als würdig erachtete, genauso wie Jesus zu sterben, liess er sich kopfüber ans Kreuz nageln. Wenn wir bedenken, dass er vor Jesu Tod und Auferstehung noch solche Angst vor dem Tod gehabt hatte, dass er Jesus verleugnet hatte, und nun ehrte er den HERRN durch seinen Tod. Jesu Liebe kann einen Menschen definitiv um 180° verändern!

Der Anfang war hier, dieses Gespräch zwischen Jesus und Petrus. Eine Neuberufung, eine neue Chance. Es gibt kein schönerer Beweis, den Gott uns geben kann, dass er uns verziehen hat. Dass er uns für unser Versagen, und sei es sogar so ein grosses wie bei Petrus, nicht böse ist. Vor einigen Jahren habe ich im ganz Kleinen ein Erlebnis in dieser Richtung gehabt. Ich war daheim am Arbeiten und gestresst. Meine Nachbarn über mir waren irgendetwas am Umräumen, daher machten sie viel Lärm. Ich wurde so richtig böse und schrie sie durch die Wand an. Dies genug laut, dass ich nachher heiser war. Es war aber an dem Tag Donnerstag, und der Donnerstag war der Tag, an dem ich an der Universität Studierende zum Bibelstudium einlud. Aber heiser konnte ich doch nicht zu ihnen gehen? Zudem plagte mich ein schlechtes Gewissen. Etwas widerwillig betete ich und fragte Gott, was ich nun machen sollte. Er gab mir als Antwort den Auftrag, ja den Wunsch, dennoch an die Uni zu gehen. Ich gehorchte. Und trotz meiner Heiserkeit konnte ich mehrere Personen ansprechen und hatte mit zwei Studis sogar ein richtig gutes Gespräch. Das war für mich so etwas wie ein Schlüsselerlebnis, was das Verstehen von Gottes Vorgehen betrifft. Ich hatte ihn im Gebet um Vergebung gebeten. Und er schickte mich hin, um seinem Werk zu dienen. Das heisst, er gebraucht mich für sein Werk, trotz meiner Schwäche! Das bewies er mir hier. Das heisst, wenn Gott sich nicht auf meine Schwächen fokussiert, sondern auf unsere gegenseitige Liebe, dann soll ich das auch tun!

Petrus nahm Jesu Auftrag an. Aber so ganz bei der Sache war er nicht. Er dachte an die anderen Jünger. Vor Jesu Tod waren sie wie Konkurrenten gewesen. Wer war der beste, der treuste, der von Jesus am meisten geliebte Jünger? Ganz verschwunden war dieses vergleichende Denken offenbar bei Petrus noch nicht. Lesen wir zusammen die Verse 20 und 21: «Petrus aber wandte sich um und sah den Jünger folgen, den Jesus lieb hatte, der auch beim Abendessen an seiner Brust gelegen und gesagt hatte: Herr, wer ist’s, der dich verrät? Als Petrus diesen sah, spricht er zu Jesus: Herr, was wird aber mit diesem?» Dieser andere Jünger ist Johannes, der Verfasser des Johannesevangeliums. Er war sich Jesu Liebe vielleicht am meisten bewusst und zeigte diese auch durch physische Nähe. Petrus war neugierig zu erfahren, was Jesus mit Johannes vorhatte. Doch was antwortete Jesus? Lesen wir zusammen den Vers 22: «Jesus spricht zu ihm: Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht es dich an? Folge du mir nach!» Das musste Petrus noch lernen: Jeder Mensch, der Jesus nachfolgt, ist einzigartig, sein Wesen genauso wie sein Weg in dem HERRN, sein Aufgabenmix für Gottes Werk, seine Glaubenskarriere. Die einen wachsen schneller im Glauben, die anderen langsamer. Manche Menschen sind jung bei ihrer Berufung, andere schon älter. Manche bekommen grosse und viele Aufgaben für Gottes Werk, andere wirken eher im Hintergrund. Zusammen bilden sie, bilden wir, die Gemeinde Christi, eine weltweite Familie, alles liebevolle Geschwister, die den HERRN als Vater haben. Es ist gerade das Schöne, dass wir uns nicht miteinander zu vergleichen brauchen. Im HERRN gibt es keinen Konkurrenzkampf wie in der Welt mit ihrem «Bigger, better, faster, more!» Wir brauchen uns weder über andere zu erheben noch Minderwertigkeitsgefühle zu haben. Denn vor dem HERRN sind wir alle gleich. Wir haben nur unterschiedliche Aufgaben für Gottes Werk. Wir ergänzen uns gegenseitig. Was unser Zusammengehörigkeitsgefühl noch fördert. – Jesu Jünger konnten mit der Aussage ihres Herrn nicht viel anfangen: «Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht es dich an?» Sie überlegten sich ihre eigenen Dinge darüber. Meinte Jesus etwa, dass dieser Jünger in der Welt bleiben würde bis zu Jesu Wiederkommen am Jüngsten Tag? In Wirklichkeit hatte aber Jesus nur gemeint, dass es Petrus nicht zu kümmern brauchte, was der Wille des HERRN für Johannes war. Petrus sollte einfach Jesus nachfolgen und darauf vertrauen, dass Er ihn und seine Glaubensgeschwister so führte, wie es am besten war.

An dieser Stelle beendet Johannes, der Verfasser dieses Buches, seine Schilderungen von Jesu Taten. Er hatte, wie die anderen Evangelisten auch, eine Auswahl treffen müssen von den Worten und Taten Jesu, die er mitbekommen hatte. Er sagt, auch hier seinen Namen nicht nennend: «Dies ist der Jünger, der dies alles bezeugt und aufgeschrieben hat, und wir wissen, dass sein Zeugnis wahr ist.» Der Zweck der ganzen Mühe, Jesu Aussagen und Wundertaten auszuwählen und aufzuschreiben, haben die Evangelisten nur mit einem Ziel getan: die Nachwelt über Jesus, seine Liebe, seine Eigenschaften zu lehren. Damit wir, die wir in der Bibel lesen, auch an Jesus glauben. Und mit und nach uns noch ganz viele andere. Jesus erlebt man durch seine Worte und seine Wirkung im Leben. Durch Gehorsam gegenüber seinen Worten, durch Begegnungen mit ihm, durch kleine und grosse Wunder Gottes im Alltag. Eines der Wunder ist vorletzte Woche geschehen mit der Lockerung der Fünfpersonenregel. So hat Gott uns das Feiern dieses Ostergottesdienstes überhaupt erst möglich gemacht. Die Welt und unser Leben sind voller kleinerer und grösserer Wunder, voller Spuren seiner herrlichen Liebe. Ja, Jesu Wirken geht noch immer weiter. Wie auch Johannes hier sagt; lesen wir gemeinsam den Vers 25: «Es sind noch viele andere Dinge, die Jesus getan hat. Wenn aber eins nach dem andern aufgeschrieben werden sollte, so würde, meine ich, die Welt die Bücher nicht fassen, die zu schreiben wären.» Dem ist so. Ich denke, dass jeder und jede Gläubige ein eigenes Buch schreiben könnte über das, was er oder sie im Leben mit Jesus erlebt hat. Die Welt könnte die vielen Bücher nicht fassen, und es kämen jeden Tag noch Bücher dazu. Und unser Herz kann die viele Liebe nicht fassen, die der HERR für uns hat. Die sich durch unsere ganze Biografie hinzieht. Und die mit uns und in uns bleibt bis in alle Ewigkeit.

Zum Schluss:

Lesen wir nochmals den Leitvers, Vers 15: Als sie nun das Mahl gehalten hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieber, als mich diese haben? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weisst, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Lämmer!

Jesus liebt uns. Von ganzem Herzen, mit der gesamten Grösse, Tiefe und Unermüdlichkeit seiner Liebe. Er hat ein ganz reges Interesse daran, die persönliche Beziehung zu jedem und jeder von uns aufrecht zu erhalten. Daher spricht er uns durch sein Wort immer wieder an. Daher will er unsere Beziehung, wenn wir sie durch eine Sünde ankratzen, wiederherstellen. Dafür ergreift er die Initiative, wenn wir das nicht mehr können. Darum sind wir noch bei ihm. Wir machen ja eine ganze Menge Fehler. Und wenn wir einmal auf der ganzen Linie versagt haben beim ihm Nachfolgen, ist einfach eines wichtig: dass wir nicht in den Schuldgefühlen bleiben, sondern trotzdem zum HERRN kommen. Ihm gestehen, was wir getan haben und ihm auch sagen, wie wir uns deswegen fühlen. Ihn um Vergebung bitten. Dann wird uns verziehen. Egal wie gross unsere Sünde, unser Versagen war. Denn Jesus hat sich ja am Kreuz geopfert für die Vergebung unserer Sünden. Dann erleben wir die volle Wiederherstellung unserer Beziehung mit Gott und Jesus. Erinnern uns an unsere erste Begegnung mit ihm, an seine Berufung. Und werden neu dazu motiviert, auf seinem Weg zu gehen und ihm zu dienen. Wozu auch gehört, seine Lämmer und Schafe zu weiden. «Hast du mich lieb?», fragt uns Jesus. Weil er uns so lieb hat, will er wissen, und uns erkennen lassen, wie es denn mit unserer Liebe zu ihm steht. Vielleicht denkst du, dass du Jesus noch zu wenig liebst. Dann geh mit ihm, lerne von ihm, gehorche Worten von ihm. So wirst du ihn mehr und mehr lieben. Und die wunderschöne Hoffnung darauf bekommen, für immer in seiner wunderbaren Liebe zu bleiben. Jesus wird dich bewahren, denn er will dich im Himmel dabeihaben. Wie er auferstanden ist, wirst du, werden wir einst auferstehen. Und, wenn wir bei ihm geblieben sind, mit ihm mitgehen in das ewige Leben in der ungetrübten Gemeinschaft mit ihm. Amen!