Ich will dich lösen

Rut 3,1-18

Guten Tag! Gott sei Dank, können wir heute hier gemeinsam Gottesdienst feiern. Heute lesen wir weiter im Buch Rut. Als wir letzten Sonntag das Kapitel 2 betrachteten, war ich schon gespannt auf die Fortsetzung der Geschichte. Zwar habe ich das Buch Rut schon ein paarmal gelesen, aber es ist doch noch etwas anderes, sich in die Ereignisse rund um Rut, Noomi und Boas richtig zu vertiefen. Und die Geschichte hat eine wunderschöne Fortsetzung. Gott hatte einen wunderbaren Plan und Segen für diese Familie. Ja, Gott hat für jede/n von uns einen eigenen Plan und einen reichen, individuellen Segen. Vor allem hat er uns zu Jesus gebracht, unserem Messias und Retter. Auch um diesen geht das heutige Wort gewissermassen. Lesen wir gemeinsam den Titel meiner Botschaft: „Ich will dich lösen.“ Und lesen wir zusammen den Leitvers, Vers 13: 

Bleib über Nacht hier. Will er dich dann am Morgen lösen, gut, so mag er’s tun; hat er aber keine Lust, dich zu lösen, so will ich dich lösen, so wahr der HERR lebt. Schlaf bis zum Morgen!

Rut 3,13

Auf einer jüdischen Website – die übrigens viele wunderschöne Kurzgeschichten und Gleichnisse hat – habe ich neulich etwas gelesen. Eine Geschichte, die um Barmherzigkeit geht, die man tut und zurückbekommt. Ich habe sie so schön gefunden, dass ich sie euch gerne erzählen möchte.

Vor langer Zeit lebten in Babylon zwei weise Männer: Schmuel, ein berühmter jüdischer Gelehrter, der die ganze Tora kannte, und Awlet, ein weiser Heide, der anhand der Sterne die Zukunft sah. Er wusste, was am nächsten Tag, in der folgenden Woche und sogar im kommenden Jahr geschehen würde. Eines Tages sassen die beiden an einer Strasse bei einem See. Während sie sich unterhielten, ging eine Gruppe von Arbeitern zum See. Sie wollten das Schilf mähen, das im flachen Wasser und am Ufer wuchs. Dieses wollten sie dann an Städter verkaufen, die daraus Flöten schnitzten, Matten webten und Körbe flochten. Awlet zeigte auf einen der Männer und sagte: «Siehst du den? Er wird nicht lebend fortgehen. Ich habe in den Sternen gesehen, dass er tödlich verunglücken wird.» – «Wenn er Jude ist», erwiderte Schmuel, «wird er in Frieden nach Hause gehen. Er wird zu Gott beten oder eine andere religiöse Pflicht erfüllen, und der Gott Israels wird ihn vor Unglück schützen.»

Inzwischen hatten die Arbeiter den See erreicht und begannen zu mähen. Sie arbeiteten mehrere Stunden. Als sie müde und hungrig waren, machten sie im Schatten eines Baumes eine Pause. Nun hatten diese Männer einen wundervollen Brauch: Sie legten alle Speisen in einen Korb und teilten sie gleichmässig. Jeder bekam eine gleich grosse Portion, denn niemand sollte hungrig bleiben oder die anderen beneiden. An diesem Tag bemerkte der Mann, auf den Awlet gezeigt hatte, dass ein anderer traurig war — sein Beutel war leer, denn er hatte kein Geld, um Brot zu kaufen, und es wäre für ihn peinlich gewesen, die andere um Essen zu bitten. Der Mann wollte seinem Freund helfen. Also nahm er den Korb und sagte: «Heute sammle ich das Brot ein und verteile es.» Die anderen waren einverstanden, und er ging zu jedem von ihnen und sammelte das Brot ein. Als er zu dem Armen kam, der nichts hatte, legte er seinen eigenen Anteil in den Korb und tat so, als stamme er von dem Armen. Dann teilte er die Portionen gleichmässig auf, nahm aber für sich nur ein sehr kleines Bisschen, so dass die anderen genug hatten. Niemand merkte, dass der Arme nichts gegeben hatte. Als sie gegessen hatten, arbeiteten sie weiter. Am Abend schnürten sie das Schilf zu Bündeln und trugen es auf dem Rücken in die Stadt.

Schmuel und Awlet waren an die Strasse zurückgekehrt, um die Männer auf dem Heimweg zu beobachten und festzustellen, ob der Mann fehlte, auf den Awlet hingewiesen hatte. Aber die Gruppe, die am Morgen aus der Stadt gekommen war, schien vollzählig, wohlauf und glücklich zu sein. Awlets Voraussage war nicht eingetroffen! Der Sterndeuter war überrascht. Hatte er einen Fehler begangen? Er ging zu dem Mann und sagte: «Bitte zeig mir das Schilf, das du heute geschnitten hast.» Der verdutzte Mann setzte sein Bündel ab und öffnete es. Awlet untersuchte das Gras und entdeckte eine Giftschlange, die der Arbeiter offenbar versehentlich getötet und in seinen Beutel gesteckt hatte. Triumphierend wandte Awlet sich an Schmuel und sagte: «Siehst du, meine Vorhersage war richtig. Hätte diese Schlange den Mann gebissen, wäre er nicht am Leben geblieben. Aber ich verstehe nicht, warum sein Leben verschont wurde.» Schmuel fragte den Arbeiter: «Hast du heute etwas Besonderes getan? Denke nach!» Der Mann erzählte ihm, wie er das Brot geteilt hatte, um seinen Freund aus einer peinlichen Lage zu befreien. «Du hast ein Gebot der Tora erfüllt: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst», sagte Schmuel. «Darum hat Gott dich vor dem Tod bewahrt.»
Quelle: https://de.chabad.org/library/article_cdo/aid/464796/jewish/Ein-kleiner-Irrtum-der-Sterne.htm 

Gottes Wort zu gehorchen, ist tatsächlich eine Sache, die über Leben und Tod entscheidet. Und darüber, wie das Leben verläuft. Und sie ist nicht nur für das eigene Leben relevant, sondern auch für das unserer – geistlichen und leiblichen – Nachkommen. Wir sehen heute drei Menschen, die Gottes Willen angenommen hatten und danach lebten: Rut, Noomi und Boas. Was mit ihnen geschah, ist geradezu durchwoben von Gottes Führung und Segen.

Teil 1: Eine unkonventionelle Heiratsvermittlung (Verse 1-6)

Wir erinnern uns an das, was in den ersten beiden Kapiteln des Rut-Buches geschehen ist. Rut war ihrer Schwiegermutter Noomi aus ihrer Heimat gefolgt. Hatte ihre Sicherheit verlassen, um mit Gottes Volk und dessen Gott zu sein. Nun arbeitete Rut hart, um ihre Schwiegermutter zu versorgen: Sie las den ganzen Tag Ähren auf dem Feld zusammen. Doch was konnte Noomi im Gegenzug für sie tun? Das muss Noomi in zahlreichen Gebeten Gott gefragt haben. Bis sie erkannte, was es war. Dass Gott Rut ausgerechnet auf das Feld von Noomis Verwandtem Boas geführt hatte, war kein Zufall. Nach jedem Gebet muss Noomi klarer erkannt haben: Der HERR wollte Rut und Boas zusammenbringen. Sie sollten den Namen von Noomis verstorbenem Mann, Elimelech, erhalten. Seinen Besitz aufkaufen, und ihr erster Sohn würde als Nachkomme Elimelechs gelten und den Besitz erben.

Lesen wir gemeinsam den Vers 1: «Und Noomi, ihre Schwiegermutter, sprach zu ihr: Meine Tochter, ich will dir eine Ruhestatt suchen, dass dir’s wohlgehe.» Das war Noomis Herzenswunsch für Rut: Ihr Leben sollte nicht nur aus harter Arbeit bestehen. Viel mehr sollte sie Teil einer Familie sein, in welcher sie glücklich war und in welcher Liebe herrschte. Und in welcher sie finanziell und rechtlich abgesichert war. Gott hatte hierfür die Weichen bereits gestellt. Boas hatte Rut als Ährenleserin akzeptiert. Und nicht nur das, er wertschätzte sie für ihre Barmherzigkeit an ihrer Schwiegermutter und für ihre Glaubensentscheidung, Gott anzunehmen. Obwohl Rut doch eine Moabiterin war und früher den Götzen ihres Volkes gedient hatte. So war er sehr grosszügig gegenüber Rut; er liess sie nicht nur Ähren lesen, sondern gab ihr auch zu essen und zu trinken. Noomi wusste durch Gottes Orientierung, dass die beiden füreinander bestimmt waren. Aber wie konnte sie die beiden nun zusammenbringen? Lesen wir zusammen die Verse 2-4: «Siehe, Boas, unser Verwandter, bei dessen Mägden du gewesen bist, worfelt diese Nacht Gerste auf seiner Tenne. So bade dich und salbe dich und lege dein Kleid an und geh hinab auf die Tenne. Gib dich dem Mann nicht zu erkennen, bis er gegessen und getrunken hat. Wenn er sich dann schlafen legt, so merke dir die Stelle, wo er sich hinlegt, und geh hin und decke zu seinen Füssen auf und leg dich hin, so wird er dir sagen, was du tun sollst.» Endlich gab Gott eine passende Gelegenheit dazu, Rut und Boas zusammenzubringen. Noomi musste das alles im Geiste ganz deutlich vor sich gesehen haben, wie Rut das anstellen sollte. Sie gab ihrer Schwiegertochter ganz konkrete Anweisungen, wie sie vorgehen sollte.

Wir erkennen hier einiges über Noomi. Sie war nicht einfach darauf aus, Rut mit Boas zu verkuppeln, damit der Stammbaum ihres verstorbenen Mannes weiterging. Sondern sie erkannte Gottes Willen und wollte genau nach diesem handeln. Gott wollte ihr und Rut nach all dem Bitteren, das sie erlebt hatten, wieder allerlei Gutes geben. Wieder Freude in ihr Haus einkehren lassen. Hierzu brauchte Noomi den Segen Gottes nur zu ergreifen und Gottes Willen auszuführen. Sie wusste, dass sie dabei auf Rut und Boas zählen konnte. Mich erinnert Noomi an eine Hirtin und Bibellehrerin, so wie es sie in der UBF gibt. Eine solche erfüllt Gottes Aufgabe, einen Menschen auf seinem Glaubensweg zu begleiten. Mit aller Weisheit: Sie gibt diesem weiter, was Gott ihr an Orientierung gegeben hat. Gibt konkrete Handlungsanweisungen. Aber gibt ihm nicht alles vor, sondern lässt ihn seine eigene Lektion an Gehorsam und Gottvertrauen lernen. Sie vertraut auf Gottes Wirkung in dem Menschen, sodass dieser gemäss dem Glauben handelt. Und so Gottes Segen reichlich erfährt. Wie Noomi Rut mit Boas zusammengebracht hat, bringen wir Studierende mit Jesus zusammen. An einigen Bibelstellen wird Jesus als unser Bräutigam bezeichnet; wir sind seine Braut. Jesus will mit uns einst die himmlische Hochzeit feiern: Er wird uns am Tag seines Wiederkommens mit sich in sein Reich nehmen. Dann werden wir für immer und ewig die absolut ungetrübte Gemeinschaft mit ihm haben. Im Himmelreich wird unsere ewige Ruhestatt sein, ein Ort des absoluten Wohlergehens. Diesen ewigen Segen will er nicht nur uns geben, sondern würde ihn am liebsten allen Menschen der ganzen Welt geben. Aber da gibt es ein Problem: Viele Menschen wissen nichts von Gott. Von seiner Liebe und von dem, was er durch seinen Sohn für uns getan hat. Darum schickt er uns zu einigen von diesen vielen. Um ihnen das Evangelium zu verkündigen. Um sie zu Jesus einzuladen. Eben: um sie mit dem HERRN zusammenzubringen. Damit sie mit ihm, wie wir, eine persönliche Beziehung eingehen, die bleibt. Möge Gott uns hierzu ein Herz wie seines geben für seine verlorenen Schafe, damit wir sie mit aller Liebe und Weisheit zu ihm bringen und auf ihrem Glaubensweg begleiten, bis sie im Glauben eigenständig sind.

Die Wege, auf welchen wir Gottes Orientierung folgen, sind sehr verschieden. In Ruts Fall war er äusserst unkonventionell. Was Noomi ihr vorschlug, schien nicht vernünftig: Warum sollte sie sich heimlich in Boas’ Nachtlager schleichen und ihm dort zumindest indirekt einen Heiratsantrag machen? Würde er dann nicht denken, sie sei verrückt? Würde er sie vielleicht verstossen, sodass sie ab dann nicht mehr bei ihm Ähren lesen konnte? Oder würde er denken, dass sie ihn aus körperlicher Begierde haben wollte, oder dass sie hinter seinem Geld her war? Aber: Nichts von alledem dachte Rut! Lesen wir gemeinsam den Vers 5: «Sie sprach zu ihr: Alles, was du mir sagst, will ich tun.» Das war doch erstaunlich. Sie gehorchte ihrer Schwiegermutter aufs Wort, fragte nicht einmal nach! Sie liess sich auf ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang ein. Stellte ihre eigenen Zukunftsvorstellungen, die sie vielleicht hatte, beiseite. War bereit, Boas zu heiraten, um Noomis Stammbaum weitergehen zu lassen. Was die Methode dazu betraf, dachte sie nicht über deren ungewöhnliche Natur nach. Wie konnte sie das tun? Sie war voller Vertrauen auf Gott, der ihrer Schwiegermutter ja gesagt hatte, was nun zu tun war. Sie hatte auch Boas und dessen Glaube und Liebe kennengelernt. Den hatte sie als ihren zukünftigen Mann bereits akzeptiert – überaus dankbar für Gottes Segen, sie, eine Heidin und ehemalige Feindin Gottes, als Mitglied seines Volkes angenommen zu haben! Darum gehorchte Rut nun Noomi ohne Weiteres. Sie reinigte sich, machte sich innerlich dazu bereit, Boas zu begegnen und die Beziehung mit ihm einzugehen. Sie legte ihre Witwenkleider ab und trug ihr schönstes Kleid, auch ein Zeichen ihrer Freude und Bereitschaft. Wartete ab, bis Boas Spreu und Weizen der Gerstenkörner getrennt hatte. Mit seinen Knechten zu Abend gegessen hatte. Und sich schliesslich, um die Ernte zu bewachen, hinter die aufgehäufte solche gelegt hatte.

Auch in unserem Leben ist es sehr segensreich, dem HERRN zu gehorchen. Wir handeln nach einem Wort – und Gott gibt uns hierfür Segnungen, die unter Umständen ein ganzes Leben lang bestehen bleiben. Wir singen in einem Lied: «Traue dem HERRN und gehorche ihm gern; glücklich ist, wer gehorchet und vertrauet dem HERRN.» Und das stimmt auch. Bestimmt habt ihr selber auch schon ein solches Erlebnis gehabt: Ihr habt einem Wort Gottes gehorcht, und Gott hat euch hierfür reichlich gesegnet. Ich gebe euch ganz kurz Zeit, still darüber nachzudenken und euch ein solches persönliches Erlebnis in Erinnerung zu rufen. ((Ein paar Sekunden still sein)). In meinem Fall denke ich da besonders an ein Erlebnis, das ich vor rund vier Jahren hatte. Ich war in finanziellen Nöten. Doch dann gab mir Gott eine neue Arbeitsstelle, bei der ich gut verdienen würden. Damals hatte ich gerade gelernt, dass die Erstlinge unserer Einnahmen Gott zustehen. Mein Konto aber war fast noch leer. Würde ich es über mich bringen, meinen ersten Monatslohn bei der neuen Anstellung dem HERRN zu geben? Ich wollte es tun – unter einer Bedingung: Ich bat Gott, dafür meiner besten Freundin ebenfalls einen Job zu geben. Denn die war langzeitarbeitslos. Ich gab meinen Erstlingslohn dem HERRN. Und dieser erhörte mich; auch sie bekam eine Stelle! Was für ein Segen! Und übrigens: Seither hatte ich nie wieder einen richtigen finanziellen Engpass.

Teil 2: Boas, ein Mann, der für Jesus steht (Verse 7-18)

Rut fand sich also in Boas’ Tenne, als dieser kam und sich schlafen legte. Satt und zufrieden machte er es sich, so gut es ging, hinter einem Kornhaufen bequem, eine Decke über sich gebreitet. Da kam Rut leise, deckte zu seinen Füssen auf und legte sich hin. Das war eine Haltung des Schutz Suchens und der Demut zugleich. Sie legte ihr Schicksal in die Hände dieses guten Mannes. Sie glich einem Sünder, der sein Leben dem HERRN zu Füssen legt. Der um Gottes Gnade bittet, ihm zu verzeihen und ihn so anzunehmen, wie er ist. Und der sich in die wunderbare Nestwärme von Gottes Liebe begibt, wissend, dass er beim HERRN vollkommen geborgen ist…

Lesen wir gemeinsam den Vers 8: «Als es nun Mitternacht ward, erschrak der Mann und beugte sich vor; und siehe, eine Frau lag zu seinen Füssen.» Das war der alles entscheidende Moment. Wie würde Boas reagieren? Würde Rut den Mut finden, ihm ihr Anliegen zu unterbreiten? Aber Gottes liebende Führung war schon über der ganzen Szenerie. Boas liess seinen Schreck sich nicht zu Entsetzen auswachsen. Stattdessen wollte er wissen, wer denn da zu seinen Füssen lag. Lesen wir zusammen den Vers 9: «Und er sprach: Wer bist du? Sie antwortete: Ich bin Rut, deine Magd. Breite den Zipfel deines Gewandes über deine Magd, denn du bist der Löser.» Rut zögerte also nicht, Boas den Grund ihres Kommens direkt zu sagen. Ihre Worte waren im Grunde ein Heiratsantrag. Rut sagte: «Du bist der Löser.» Sie wusste, Boas war einer der Löser, aber nicht der einzige, der für eine Heirat und für das Loskaufen von Elimelechs Besitz in Frage kam. Doch sie sagte ihm: Du bist der Löser. Sie war gewiss, dass der HERR sie mit Boas zusammengeführt hatte. Sonst hätte Gott Rut zu einem anderen Feld zum Arbeiten geführt und nicht zu dem des Boas. Ruts Worte klangen nach. Die kurze Pause, die entstand, musste ihr lang vorgekommen sein, und sie hörte darin ihr Herz schlagen. Doch was antwortete ihr Boas? Lesen wir gemeinsam die Verse 10 und 11: «Er aber sprach: Gesegnet seist du vom HERRN, meine Tochter! Du hast deine Liebe jetzt noch besser erzeigt als vorher, dass du nicht den jungen Männern nachgegangen bist, weder den reichen noch den armen. Nun, meine Tochter, fürchte dich nicht. Alles, was du sagst, will ich dir tun; denn das ganze Volk in meiner Stadt weiss, dass du eine tugendsame Frau bist.» Wow! Das war die volle Anerkennung von Rut! Boas gab ihr buchstäblich seinen Segen für ihr Vorhaben. Es gab aber noch ein Hindernis bei der ganzen Sache. Es gab einen Mann, der war noch näher verwandt mit Noomi, als das Boas war. Der war der Löser, der vorrangig das Recht hatte, Elimelechs Erbe zu übernehmen und mit Rut die Schwagerehe einzugehen. Die Schwagerehe kennen wir von anderen Bibelstellen; sie ist im Gesetz des Mose verankert. Sie ist das Heiraten einer Witwe durch einen Verwandten, um das Erbe des Verstorbenen weiterzuführen und ihm Nachkommen zu erwecken.

Boas wollte den anderen Löser fragen, ob er bereit sei, Rut zu heiraten und Elimelechs Besitz aufzukaufen. Dazu war der andere Mann aber nicht verpflichtet. Hatte er keine Lust, das zu tun, so wollte Boas das tun. Boas sagte zu Rut, lesen wir gemeinsam den Vers 13: «Bleib über Nacht hier. Will er dich dann am Morgen lösen, gut, so mag er’s tun; hat er aber keine Lust, dich zu lösen, so will ich dich lösen, so wahr der HERR lebt. Schlaf bis zum Morgen!» Und Rut schlief tatsächlich ruhig bis zum Morgen. Ohne Sorgen, dass vielleicht doch der andere Mann und nicht der gütige Boas sie heiraten würde. Sie war ja bereits gewiss, dass Boas ihr Löser sein würde.

Ganz früh am Morgen stand Rut auf. Sie wollte ungesehen wieder davongehen, damit niemand erfuhr, dass eine Frau bei Boas gelegen hatte. Das würde bei den Stadtbewohnern falsche Vorstellungen von Rut und Boas wecken… Boas liess aber Rut nicht gehen, ohne ihr etwas mitzugeben. Es waren ganze sechs Scheffel Gerste – etwa zwei Tagesernten. Denn sie sollte nicht mit leeren Händen zu ihrer Schwiegermutter zurückkehren.

Boas war also ein wirklich herzensguter Mann. Er steht hier einerseits für einen Glaubensmenschen, der, entgegen dem damals herrschenden, einigermassen gottlosen Zeitgeist, vor dem HERRN gelebt hat. Andererseits ist er aber auch ein Sinnbild von? Jesus! Denn Jesus Christus, Gottes Sohn, ist unser Erlöser. Er hat uns durch seinen Tod von unseren Sünden freigekauft. Wie Elimelechs Besitz, war unsere Seele im Besitz eines anderen: des Satans. Dies durch unsere Schuld. Darum sandte Gott uns seinen Sohn, der unsere Seele von diesem losgekauft und uns für sich gewonnen hat. Jesus hat den vollen Preis für unsere Sünde bezahlt durch seinen Kreuzestod. So wie Boas Ruts Mann wurde, will Jesus unser «Mann» sein. Also dass wir ihm mit ungeteiltem Herzen anhängen und uns dafür entscheiden, für immer bei ihm zu bleiben. Hier in der Welt sind wir ihm bereits versprochen: für das ewige Leben in seinem Reich. Amen!

Boas hatte zudem einige Eigenschaften, die Jesus ebenfalls hat. Erstens: Er hatte ein Herz für die Armen und Verwitweten. Darum versorgte er denn auch Noomi und Rut grosszügig. Zweitens: Er nahm Rut an, unabhängig von ihrer heidnischen Abstammung. Viel mehr sah er ihr Herz, welches bereit war, den HERRN und dessen Willen anzunehmen. Dies segnete Boas denn auch. Er freute sich über Rut, das neu gewonnene Mitglied von Gottes Volk. Auf dieselbe Weise freut sich der HERR über jedes verlorene Schaf, das zu ihm gefunden hat. Über jeden Menschen, den wir zu ihm gebracht haben.

Drittens: Boas verpflichtete sich selber dem Gesetz und dem Willen des HERRN. So wie Jesus ebenfalls seinem Vater, also Gott, in allem gehorcht hat. Für Boas sollte alles geordnet zugehen. War da noch ein anderer, näher verwandter Löser, so musste der zuerst gefragt werden, ob er Rut und den Besitz Elimelechs auslösen wollte. Da nahm Boas seine eigenen Wünsche zurück. Viertens: Boas wollte Verantwortung übernehmen. Er gab Rut die Zuflucht und die Absicherung, die sie brauchte. So sind wir bei Jesus ebenfalls bestens aufgehoben. Bei ihm finden wir die Ruhe und die Geborgenheit, die uns die Welt nicht geben kann. Bei ihm brauchen wir keine Angst zu haben. Was Boas hier zu Rut sagt, sagt der HERR auch uns immer wieder: «Fürchte dich nicht, meine Tochter!» Bzw. «Fürchte dich nicht, mein Sohn!» Fünftens: Boas wurde zu Ruts Versorger. So sorgt auch der HERR für uns. Und nicht nur für uns, sondern er kümmert sich auch um die Personen in unserem Umfeld. So wie Boas nicht nur für Rut, sondern auch für Noomi sorgte. Wir können also unsere Lieben ohne Angst Gott anvertrauen: Ihr leben ist in seiner lieben, schützenden Hand.

Sechstens: Boas war unermüdlich und ruhte nicht, bis er sein Werk ausgerichtet hatte. Lesen wir gemeinsam den Vers 18: «Sie aber sprach: Warte nun ab, meine Tochter, bis du erfährst, wo es hinauswill; denn der Mann wird nicht ruhen, er bringe es denn heute zu Ende.» Boas wollte noch am gleichen Tag wissen, ob der andere Löser oder aber er Rut zur Frau bekommen würde. Wir wissen von Jesus, dass er selber auch nie ruhte, um zu heilen und zu predigen. Er ruht auch heute nicht, wenn er unsere Sache führt. Manchmal scheint er zuzuwarten, bis er uns etwas gibt, das wir brauchen. Aber dann ist er nicht einfach am Warten, sondern bereits am Vorbereiten. Wir müssen dann auf seine Zeit warten. «Warte nun ab, bis du erfährst, wo es hinauswill.» Das braucht Geduld. Aber diese lernen wir, je mehr wir mit Gott erleben, desto mehr.

Rut kehrte also zu ihrer Schwiegermutter zurück. Verschwieg ihr nichts von dem, was auf der Tenne geschehen war. Gab ihr die Gerste, die sie von Boas bekommen hatte. Und die beiden warteten, genauso gespannt wie getrost, auf Boas’ Handeln. Bestimmt war er bereits in der Stadt und machte den anderen potenziellen Löser ausfindig. Dann würde er mit ihm verhandeln wegen der Auslösung. Und vor dem inneren Auge konnten Rut und Noomi bereits jetzt sehen, wie Boas danach mit strahlendem Gesicht zu ihnen hineinkam: «Gute Nachrichten! Der andere Verwandte will dich nicht lösen. Rut, ich werde dein Mann sein. Gott segne unsere Ehe und möge uns einen Nachkommen geben, der den Stammbaum Elimelechs weitergehen lassen wird!»

Zum Schluss:

Lesen wir nochmals den Leitvers, Vers 13: «Bleib über Nacht hier. Will er dich dann am Morgen lösen, gut, so mag er’s tun; hat er aber keine Lust, dich zu lösen, so will ich dich lösen, so wahr der HERR lebt. Schlaf bis zum Morgen!»

Im heutigen Wort haben wir gesehen, dass Gott unsere Glaubensentscheidungen und unseren Gehorsam gegenüber seinem Wort reichlich segnet. So hat er schliesslich Rut und Boas zu einer glücklichen, liebenden Familie zusammengeführt. Denn die hatten seinen wunderbaren Plan für ihr Leben angenommen. Und so wurde auch Noomi getröstet: Der Name ihres verstorbenen Mannes Elimelech ging weiter, obwohl dieser keine überlebenden Söhne bekommen hatte. Wir wissen heute, dass Rut und Boas ihren ersten Sohn, Obed, nicht nur als Elimelechs Erben einsetzten. Sondern dass dieser Obed der Grossvater des grossen Königs David war. Gottes Segen für uns geht also nicht nur durch unser Leben, sondern fliesst auch an unsere Nachkommen weiter. An die leiblichen und an die geistlichen. Wo ist ein Gott wie der HERR, der uns für einfache Entscheidungen und Taten ewigen Segen gibt, der auch noch für die Menschen in unserem Umfeld und in den nächsten Generationen reicht? Gott will uns explizit zu Erben seines Segens machen. Zu Weitergebenden seiner Liebe. Wir haben als Gläubige eine grosse Verantwortung: Wir kümmern uns um die Menschen, die er uns anvertraut hat. Wir bringen Menschen mit Jesus zusammen, bringen Seelen zu dem HERRN. Ich will mir dessen ab jetzt noch viel bewusster sein, beispielsweise wenn ich an die Uni gehe, um Studierende zum Bibelstudium einzuladen. Es ist einfach eine andere, ungleich grössere Motivation, wenn ich weiss: An mir hängt das Weitergehen eines Stammbaums von Gottes Volk! Nichts Geringeres als das. Wer bin ich, die kleine Sünderin, dass ich eine solche Gnade und weitreichende Aufgabe verdient habe?

Weiter können wir durch Boas einiges über Jesus lernen. Er steht denn auch für Jesus, der unser Löser und Erlöser ist. Der unsere Seele aus den Fängen des Satans befreit und uns um den Preis seines eigenen Lebens von unseren Sünden freigekauft hat. Boas nimmt einige Charakterzüge Jesu auf: Liebe für die Schwachen, unverdiente Barmherzigkeit für andere Menschen, Gehorsam gegenüber Gott, Aktivität, Bereitschaft. Er hat sie vom HERRN gelernt. Lernen wir ebenfalls von Jesus, werden wir ihm ähnlich! Gott möge uns den nötigen Lernwillen hierfür geben. Und uns formen, bis wir Menschen ganz nach seinem Herzen sind. Die er ganz nach unseren individuellen Begabungen, Fähigkeiten und Eigenschaften für sein Werk einsetzen kann. Und ich bin gewiss: Gott wird das tun, und ist bei jedem/jeder von uns bereits daran, dies aufzugleisen oder bereits zu tun. Nehmen wir diese Zuversicht in unserem Herzen mit, und freuen wir uns auf alles, was Gott für uns noch vorbereitet hat für unser Leben. Es wird spannend werden. Herausfordernd. Und durch und durch segensreich.