Johannes 11,1-45
Guten Tag! Frohe Ostern! Es ist ein riesiger Segen, dass wir hier zusammenkommen und den Ostergottesdienst feiern dürfen. Jesus ist auferstanden, Jesus lebt! Amen! Wie die meisten von euch wissen, grüsst man sich in Griechenland am Osterfest mit den Worten: «Christòs Anèsti! Alithòs Anèsti! Jesus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!» Aber Moment, Ostern ist doch erst in einer Woche, da ist es doch zu früh für diesen Gruss? So wie eine vorzeitige Gratulation zum Geburtstag, die Unglück bringen könnte? Nein. Der Satz passt immer. Jesus ist heute auferstanden. Der Auferstandene lebt in unserem Herzen. Jesus ist die Auferstehung und das Leben, im Hier und Jetzt. Wer an ihn glaubt, wird seine Herrlichkeit erfahren. Gerade der, der trotzdem glaubt, auch wenn eine Sache unmöglich scheint. Ich bete, dass Gott heute jede/m von uns persönlich sein Wort schenkt. Und dass wir durch diese Osterfeier den Glauben an die Auferstehung in unserem Herzen erneuern können. – Lesen wir gemeinsam den Titel meiner Botschaft: „Jesus ist die Auferstehung und das Leben.“ Und lesen wir zusammen das Leitwort, die Verse 25 und 26.
Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das?
Johannes 11,25-26
Stellt euch einmal vor, die Stadt Bern hätte sich zu Gott bekehrt. Es gibt immer mehr Discos, in denen zu Anbetungsliedern getanzt wird, und in denen nicht der Alkohol, sondern der Heilige Geist die Herzen froh macht. In den Auslagen der Buchhandlungen gibt es Bibeln in allen Farben und Grössen. Es sitzt eine Mehrheit von Gläubigen im Stadtrat, und die führen die Geschicke der Stadt ganz so, wie Jesus es getan hätte: weise, umsichtig, sozial. Was sich auswirkt auf die Menschen, die viel lockerer durch die Gegend gehen und sich öfters wieder grüssen. In einem Pausenhof ist zu hören, wie zwei Schülerinnen miteinander reden. «Kommst du noch mit zu mir?» – «Nein, heute kann ich nicht, wir haben Hausbibelkreis.» – «Oh wow! Darf ich mitkommen?» Klar darf sie das. An der Uni lassen sich immer mehr Studierende zum Bibelstudium einladen. Aber sie bilden auch eigene Bibelkreise. Im Hauptgebäude muss die Bibliothekarin immer wieder mal Studis ermahnen, weil sie gemietete Bibliotheks-Räume zum Beten statt zum Lernen nutzen. Das Häuschen im Hof des Unitobler ist zu einem Gemeinschaftsraum umgenutzt worden, in dem sich Gläubige aller Konfessionen und Gemeinden treffen. Jeder Mensch, der zur Stadt Bern hineinfährt, kann es fühlen: Es hat eine ganz besondere Atmosphäre in Bern, ein wunderschönes Licht, das jedem das Herz aufgehen lässt…
Eine Utopie? Ja. Unmöglich? Nein. Nur weil wir es bis dahin noch nicht gesehen haben, heisst das nicht, dass der HERR es nicht so fügen könnte. Unser Glaube, dass wir dem HERRN das scheinbar Unmögliche zutrauen, spielt eine Schlüsselrolle darin, dass es geschieht. Oder wie das Wort aus Markus 9,23b sagt: «Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.» Das ist der Auferstehungsglaube. Glauben, dass Gott noch wirkt, auch wenn eine Situation tot ist. Oder, im Fall des heutigen Wortes, wenn ein Mensch tot ist. Bis dahin hatte Jesus noch keine Toten auferweckt. Doch genau dieses überaus kostbare Geschenk wollte er jetzt einem Freund von ihm machen. Und damit seine Schwestern, seine Jünger und die anderen Anwesenden noch reicher beschenken. Nämlich mit Glauben an ihn, den Gottessohn.
Teil 1: Diese Krankheit ist nicht zum Tode (Verse 1-16)
Lesen wir gemeinsam den Vers 1: «Es lag aber einer krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf Marias und ihrer Schwester Marta.» Wir wissen von anderen Bibelstellen, dass Jesus und die drei Geschwister eine tiefe Freundschaft verband. Wann immer Jesus in Betanien war, kehrte er im Haus von Lazarus und seinen Schwestern ein. Maria liebte es, sein Wort zu hören, und Marta diente ihm mit Freude. Und es war Maria, die Jesus mit kostbarem Nardenöl die Füsse gesalbt hatte; eine einzigartige Geste der Hingabe. Sie hatte Jesus, der sie aus allen Sünden befreit hatte, so viel zu verdanken! Der Text hier betont mehrmals, dass Jesus Lazarus und seine Schwestern lieb hatte. Es war eine tragende Liebe, die auch Unsicherheiten und Missverständnisse aushalten konnte. Darum würde sie auch nicht daran zerbrechen, wenn Jesus ganz anders handelte als nach den Erwartungen der Geschwister. Als Lazarus krank wurde, wussten seine Schwestern gleich, dass es etwas Ernstes war. Sie sandten zu Jesus mit der Information, ihr Bruder sei krank. Was implizit hiess: «Guter Jesus, du liebst unseren Bruder, also komm bitte und heile ihn!» Jesus muss von diesen Worten berührt worden sein. Am liebsten hätte er sich wohl gleich auf den Weg gemacht und Lazarus geheilt. Aber er wollte ihnen etwas noch Besseres, Grösseres geben. Und seine Jünger an diesem teilhaben lassen. Lesen wir gemeinsam den Vers 4: «Als Jesus das hörte, sprach er: Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern zur Verherrlichung Gottes, dass der Sohn Gottes dadurch verherrlicht werde.» Jesus wusste von Anfang an, dass Lazarus’ Krankheit nicht sinnlos war. Sie hatte einen Zweck: die Verherrlichung Gottes und Jesu! Manchmal sind auch wir in einer Lage, in der wir denken: «Das ist das Ende.» Oder: «Wie kann ich dieses Problem je lösen?» Oder: «Wozu soll diese Schwierigkeit schon gut sein!» In dieser Lage tut es uns am allerbesten, wenn wir vertrauensvoll zu Jesus aufschauen. Und ihn fragen: «Was willst du daraus machen?» Uns fragen, auf welche Weise durch genau diese Lage, dieses Problem Jesus seine Herrlichkeit erweisen kann. Wie er uns seine Hilfe und seine Lebendigkeit zeigen wird, wie er uns an der Sache geistlich wachsen lassen wird. Uns, die wir Gott lieben, dienen alle Dinge zum Besten. Auch wenn wir das manchmal zuerst nicht sehen können und uns nur wünschen, dass unser Problem so rasch wie möglich gelöst wird. Wir müssen wissen: Die Krankheit, das Problem, es ist nicht zum Tode. Sondern darin gibt es Jesus und seine Liebe. Aus dieser Liebe wird er die Situation verändern. Aber zu seiner Zeit und auf seine Weise.
Die Zeit und die Weise Gottes entsprechen nicht immer der Zeit, in der wir sein Wirken erwarten. Oft geht es gegen unsere menschlichen Vorstellungen. Es gibt Gebete, die Gott sofort erhört. Und es gibt Gebetsanliegen, für die wir schon sehr lange beten und es ist noch nichts passiert. Das heisst aber nicht, dass Gott sie nicht gehört hat. Er hat sie gehört und ist bereits seine Reaktion darauf am Vorbereiten. Manchmal trifft eine Gebetserhörung sehr spät ein. Dann, wenn wir denken, es sei zu spät. So wartete Gott zum Beispiel bei Abraham und Sara, bis sie hoch betagt waren, ehe er ihnen den verheissenen Sohn Isaak schenkte. Erst, als sie biologisch gesehen längst kein Kind mehr hatten bekommen können. Aber dadurch lernte Abraham, dass Gott die Kraft hat, neues Leben zu schaffen, auch dort, wo alles tot erscheint. Das ist seine Art von Auferstehungsglauben. Auch bei Lazarus wartete Jesus, bis es scheinbar zu spät war. Lesen wir zusammen den Vers 6: «Als er nun hörte, dass er krank war, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er war.» Erst dann war seine Zeit gekommen, nach Betanien zu reisen. Unterdessen machten sich seine Jünger ihre eigenen Gedanken. Nicht nur Marta und Maria, die Lazarus todkrank sahen, hatten Angst vor dem Tod. Sondern auch Jesu Jünger. In Judäa hatten die Juden Jesus steinigen wollen. Und nun wollte Jesus wieder dorthin reisen? Sie fürchteten nicht nur um sein Leben, sondern vor allem auch um ihres. Ja, die Angst vor dem Tod ist etwas Omnipräsentes. Die ganze Menschheit leidet darunter. Viele glauben, dass mit dem Tod alles zu Ende sei. Sie glauben nicht an ein Leben danach. Wenn jemand stirbt, den sie liebhaben, dann ist das für sie wie ihr eigener Tod. Wie anders sind die Gläubigen, die die Hoffnung auf das ewige Leben im Himmelreich haben! Wenn ein Glaubensgeschwister stirbt, ist das zwar sehr traurig. Aber doch wissen wir, dass wir es einst im Himmel wiedersehen werden. Jesus wollte nicht, dass seine Jünger in der Angst blieben. Darum sagte er ihnen, lesen wir die Verse 9 und 10: «Jesus antwortete: Hat nicht der Tag zwölf Stunden? Wer bei Tage umhergeht, der stösst sich nicht; denn er sieht das Licht dieser Welt. Wer aber bei Nacht umhergeht, der stößt sich; denn es ist kein Licht in ihm.» Das gilt auch für uns. Wenn wir im Unglauben verharren, stossen wir überall an Grenzen. Dies ist uns unmöglich, das ist uns unmöglich. Schauen wir stattdessen auf Jesus, lassen wir sein Licht neu in unsere Herzen scheinen. Lassen wir unsere Probleme für einen Augenblick einfach Probleme sein. Vielleicht schaffen wir das besser als die Jünger Jesu hier? Sie hätten auf Jesus vertrauen müssen. Der wusste, was er tat. Er würde sich sicher nicht ans Messer liefern lassen, bevor er wirken konnte. Jesus sagte seinen Jüngern nun direkt, was er vorhatte. Er sagte: «Lazarus, unser Freund, schläft, aber ich gehe hin, dass ich ihn aufwecke.» Damit meinte er aber nicht den Nachtschlaf, sondern den Tod! So wollte er seinen Jüngern zeigen, dass er stärker ist als der Tod. Für ihn, der das Leben ist, ist der Tod wirklich nur ein Schlaf. Wer in Jesus ent-schlafen ist, für den ist der leibliche Tod nur ein Übergang. Seine Seele ist bewahrt beim HERRN bis zu Jesu Wiederkommen; dann wird er auferstehen mit einem ganz neuen Leib. Jesus sagte es seinen Jüngern direkt: «Lazarus ist gestorben; und ich bin froh um euretwillen, dass ich nicht da gewesen bin, auf dass ihr glaubt. Aber lasst uns zu ihm gehen!» Lazarus war tot. Und Jesus war froh darüber? Die Lage war verzweifelt und er freute sich? Ja: Es war seine Vorfreude. Er würde seinen Freund auferwecken und sich damit als Gottes Sohn offenbaren. Wann immer Jesus den Namen seines Vaters im Himmel verherrlichen konnte, dann war auch sein Herz mit Herrlichkeit erfüllt. Und was gab es Grösseres, als direkt zu beweisen, dass er als Gottes Sohn das Leben gibt, ja das Leben ist?
Teil 2: Du wirst die Herrlichkeit Gottes sehen (Verse 17-45)
Jesus kam mit seinen Jüngern nach Betanien. Das ist nahe an Jerusalem, der Stadt, in der Jesus sterben und auferstehen würde. Die Distanz war rund 2,7 Km. Damit hat die Auferweckung des Lazarus schon rein geographisch eine Nähe, etwas Vorausschauendes auf seine Auferstehung. Was sah Jesus, als er nach Betanien kam? Lesen wir gemeinsam den Vers 17: «Da kam Jesus und fand Lazarus schon vier Tage im Grabe liegen.» Die Juden glaubten, dass wenn jemand gestorben war, seine Seele noch drei Tage in der Nähe des Gestorbenen bleiben würde. Dort konnte noch die Möglichkeit bestehen, dass der Mensch aufwachte, weil er nur scheintot war. Doch nun war Lazarus schon vier Tage tot. Alle Hoffnung schien dahin zu sein! Jesus kam mitten in eine Atmosphäre tiefster Verzweiflung. Damals hielten die Juden nicht nur Hochzeiten, sondern auch Trauerfeiern im grossen Stil. So kamen viele Menschen zusammen, um einen Toten zu beweinen. Vermutlich gab es auch Klageweiber, die mit ihrem Weinen und Singen für eine noch traurigere Stimmung sorgten. Auch in Lazarus’ Haus waren viele zusammengekommen, um Maria und Marta zu trösten. Als Jesus kam, reagierten die beiden Schwestern unterschiedlich. Marta, die Aktivere der beiden Schwestern, ging gleich zu Jesus. Maria schaffte es in ihrer Trauer noch nicht, sich zu erheben und die schützenden vier Wände zu verlassen. Marta traf Jesus draussen vor dem Dorf. Sie war allein mit ihm und liess sich auf eine tiefgreifende geistliche Diskussion mit ihm ein. Zuerst begrüsste sie ihn in ihrer Enttäuschung und Trauer mit den Worten: «HERR, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben.» Sie wusste um Jesu Heilungskräfte. Aber die hatte er aus unerfindlichen Gründen nicht eingesetzt. Und nun war es zu spät: Lazarus war tot. Dass Jesus aber nicht nur heilen, sondern auch Tote auferwecken konnte, das konnte sich Marta dagegen nicht vorstellen. Einen kleinen Funken Hoffnung, eine vage Vorahnung auf Jesu Hilfe hatte sie dennoch. Ihr Vertrauen auf Jesus war trotz der so bitteren Enttäuschung nicht verschwunden. Darum sagte sie zu Jesus: «Aber auch jetzt weiss ich: Was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben.» Jesus wollte, dass ihre vage Hoffnung konkreter wurde. Er wollte ihr Auferstehungsglauben und Auferstehungshoffnung geben. Ihr die Augen öffnen, sodass sie nicht mehr in der Finsternis der Trauer blieb, sondern ihr Herz mit dem wunderbaren Licht Jesu erfüllen konnte. Das begann damit, dass er ihr direkt sagte: «Dein Bruder wird auferstehen.» Die Worte erreichten Martas Kopf, aber nicht ihr Herz. Sie wusste theoretisch um die Auferstehung der Toten. Nämlich die am Jüngsten Tag, wenn einst Jesus wiederkommen wird. Dann würde sie auch ihren Bruder Lazarus wiederhaben. Bis dahin war es aber noch eine schrecklich lange Zeit. Sie brauchte ihren Bruder, den Brotverdiener der Familie, seine Liebe und seine Gemeinschaft jetzt! Martas Glauben war recht theoretisch. Ein Wissen mit dem Kopf, weniger ein Glauben mit dem Herzen. Wie ist das mit unserem Glauben? Ist es eher das Kennen von Worten aus der Bibel, oder ist es, dass wir diese Worte in unserem Alltag bereits erlebt haben? Ist Gottes Wort für uns einfach schön zu lesen, oder leitet es uns auf unserem Lebensweg? Glauben wir das, was in der Bibel steht, wirklich von Herzen, sodass wir uns vertrauensvoll in Jesu Hände begeben können?
Was antwortete Jesus Marta? Lesen wir zusammen die Verse 25 und 26: «Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das?» Das ist eines von Jesu wunderschönen Ich-Bin-Worten. Mit diesen zeigt er uns seine Identität und seine Eigenschaften als Gottes Sohn. Er ist das Licht, er ist der Weg, er ist die Wahrheit. Und er ist die Auferstehung und das Leben. Er sagt nicht, ich werde sein, sondern: ich bin. Hier und jetzt. Das sollte Marta auch in ihr Herz aufnehmen. Wer an Jesus glaubt, wird zwar den leiblichen Tod erleben, wie alle Menschen. Aber seine Seele wird verwahrt in dem HERRN. Am Jüngsten Tag wird Jesus ihn mit sich ins Himmelreich nehmen, zum ewigen Leben. Wer an Jesus glaubt, wird also nimmermehr sterben. Er ist bereits gestorben, nämlich der Sünde. Hat sein altes Leben abgelegt und in Christus ganz neu angefangen. Wer mit dem Herzen, nicht allein mit dem Kopf weiss, dass Jesus die Auferstehung und das Leben ist, kann auf ihn noch in der vertracktesten Lage fest vertrauen.
In «toten» Situationen können wir tatsächlich kleine «Auferstehungen» erleben. Das ist, wenn wir hoffen, wo nichts zu hoffen ist, im festen Vertrauen auf Gott. Ein kleines Beispiel aus meinem Leben: Vor einigen Jahren hatte ich eine neue Arbeitsstelle bekommen, während eine meiner besten Freundinnen langzeitarbeitslos war. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt war nicht gerade rosig. Aber ich betete für meine Freundin. Und ich gab dem HERRN meinen Erstlingslohn mit der Bitte, dass er dies segne. Nämlich indem er meiner Freundin eine Stelle geben würde. Ein paar Tage später döste ich im Zug ein. Dabei hatte ich einen kurzen Traum, in welchem mir Gott in meinen Gedanken sagte: «Ich habe deiner Freundin eine Stelle gegeben.» In der Woche darauf erfuhr ich denn auch: Meine Freundin hatte tatsächlich einen Job! Das gab meinem Glauben enorm Auftrieb.
Jesus gab sich bei Marta als das Leben und die Auferstehung zu erkennen. Und fragte sie: «Glaubst du das?» Damit forderte er sie zu einer Stellungnahme heraus. Vor seinen Worten sind auch wir herausgefordert, offen und ehrlich zu sein. Ihm zu bekennen, was wir glauben und was uns geistlich noch fehlt. Marta legte hier eine sehr schöne Stellungnahme ab; lesen wir zusammen den Vers 27: «Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommt.» Sie wusste, dass Jesus der Messias ist. Und sie war daran, mit sich zu kämpfen, dass sie ihn noch tiefer erkennen und ihm wirklich glauben konnte. Diese geistliche Auseinandersetzung tat ihr gut und tröstete sie. Ein bisschen mehr Auferstehungsglauben trug sie nun in ihrem Herzen. Mit diesem ging sie nun zu ihrer Schwester und rief sie. «Der Meister ist da und ruft dich!» Auf das hin eilte Maria zu Jesus. Und die vielen Leute in ihrem Haus gingen mit ihr. Sie dachten, Maria gehe zu Lazarus’ Grab, um zu weinen. Damit sollten sie alle Zeugen von Jesu Wundertat an Lazarus’ Grab werden. Als Maria zu Jesus kam, fiel sie ihm zu Füssen. Eine Geste der Demut und der Hoffnungslosigkeit zugleich. Sie sagte zu ihm die gleichen Worte wie ihre Schwester: «HERR, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben.» Aber im Gegensatz zu ihrer Schwester hatte Maria nicht die Kraft, sich auf einen Dialog mit Jesus einzulassen. Zu gross war ihre Trauer, zu tief war ihr Schmerz. Es gab keine Worte, die sie getröstet hätten. Daher wählte bei ihr Jesus einen anderen Weg: Er blieb einfach bei Maria. Und litt mit ihr mit… Lesen wir gemeinsam die Verse 33 bis 35: «Als Jesus sah, wie sie weinte und wie auch die Juden weinten, die mit ihr kamen, ergrimmte er im Geist und erbebte und sprach: Wo habt ihr ihn hingelegt? Sie sprachen zu ihm: HERR, komm und sieh! Und Jesus gingen die Augen über.» Jesus ist Gottes Sohn. Aber er ist auch zu 100% Mensch. Mit all seinen Gefühlen. Als Jesus die ganze tiefe Verzweiflung um ihn sah, wurde er wütend und traurig. Wütend auf den Satan, der die Menschen in einer solchen Finsternis, in einem derartigen Unglauben liess. Und traurig, weil er die Trauer der Personen um sich herum in sein eigenes Herz aufnahm. Unser Schmerz ist sein Schmerz. Er nahm unsere Lasten, unser Leiden usw. auf sich. Ja, gab sich hin durch seinen Tod am Kreuz, nagelte unsere Sünden und alles weitere Belastende ans Kreuz, damit wir all das nicht tragen müssen! Hier herrschte überall Leid. Aber Jesus will, dass wir fröhlich sind in seiner Nähe. Und nicht gefangen in Trauer, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit usw. Jesus weinte mit Maria und den anderen Weinenden mit. Gerade im Leid ist uns der Gottessohn wunderbar nahe. Weil er weiss, was Leid ist. Das dürfen wir auch erfahren, wenn wir zu ihm kommen in unseren Kümmernissen. – Die Umstehenden verstanden Jesu Tränen jedoch falsch. Nämlich als Trauer um Lazarus, als Hilflosigkeit. Wenn er Blinde heilen konnte, hätte er nicht auch Lazarus’ Tod verhindern können? Auch sie schränkten in ihren Gedanken Jesu Macht ein. Sahen ihn nicht als Gottes Sohn, der selber allmächtig ist, sondern nur wie einen besonders begabten Heiler. Auch das brachte Jesus zum Ergrimmen. Er musste sich mächtig überwinden, um nun weiter wirken zu können, trotz seinen Gefühlen. Aber den Menschen um ihn herum zuliebe tat er dies. Und liess sich zu Lazarus’ Grab führen.
Das Grab war ein Felsengrab, das mit einem grossen Stein verschlossen war; damals eine ganz übliche Weise, Menschen zu bestatten. Für Jesus war dieser Stein aber im Weg, wenn er nun Lazarus auferwecken wollte. Er gab den Umstehenden einen Befehl, der nicht gerade nach menschlicher Logik und Vernunft klingt. «Hebt den Stein weg!» Von Marta kam daraufhin spontan die Antwort: «HERR, er stinkt schon; denn er liegt seit vier Tagen.» Die Verwesung hatte bei dem Toten bereits eingesetzt. Marta dachte, sie würde den Geruch nicht aushalten können. Aber mit ihrer Antwort äusserte sie versehentlich auch ihren Unglauben, den sie noch hatte. Für sie war da ein noch grösserer Stein als der physische, nämlich die Angst vor dem Tod bzw. die Macht des Todes. Jesus tadelte sie daraufhin sanft; lesen wir gemeinsam den Vers 40: «Jesus spricht zu ihr: Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen?» Dieses Wort spricht Jesus auch zu uns. Es tut gut, diesen Satz von ihm zu lesen. Er schenkt uns Vertrauen auf den HERRN, wenn wir in einer unangenehmen, ungünstigen oder schwierigen Situation sind. Dann erinnert uns Jesus daran, dass er genau in der Lage etwas bewirken kann. Und sobald wir wirklich fest daran glauben, können wir dieses sein Wirken sehen. Wir bekommen dann vielleicht ein Wort Gottes, dem wir gehorchen sollen. Wenn wir dem dann gehorchen, wendet der HERR auf wunderbare Weise unser Schicksal.
Nicht anders war das bei den Menschen hier. Sie wurden auf Jesu Worte hin aktiv und hoben den Stein weg von Lazarus’ Grab. Bevor Jesus handelte, wandte er sich an seinen Vater im Himmel. Hob seine Augen zu ihm und betete laut: «Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast.» Er sagte nicht etwa, dass du mich erhören wirst, sondern: dass du mich erhört hast. Als wäre die Auferweckung des Lazarus schon geschehen. Jesus hat eine wunderbare Art, Dinge schon zu sehen, auf die er hofft und auf die auch wir warten. Er nennt uns schon sein heiliges Volk, auch wenn wir noch ganz unzulänglich sind. Er gibt uns die Identität als Segen für andere, auch wenn wir noch nicht das geistliche Niveau erreicht haben, das wir uns wünschen. Auch wir dürfen so beten für etwas, das noch nicht eingetroffen ist: «Danke, HERR, dass du mich erhört und mir mein Anliegen erfüllt hast.» Sozusagen Dank im Voraus. Damit wächst in uns die Hoffnung, dass Gott uns tatsächlich erhören wird.
Jesus betete weiter: «Ich wusste, dass du mich allezeit hörst; aber um des Volkes willen, das umhersteht, sagte ich’s, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast.» Das war seine Hoffnung: dass viele an ihn und somit an Gott glauben würden. Und nun handelte er. Lesen wir zusammen die Verse 43 und 44: «Als er das gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus! Und der Verstorbene kam heraus, gebunden mit Grabtüchern an Füssen und Händen, und sein Gesicht war verhüllt mit einem Schweisstuch. Jesus spricht zu ihnen: Löst die Binden und lasst ihn gehen!» Als Lazarus Jesu göttliche Stimme, seinen mächtigen, liebevollen Befehl hörte, musste er darauf reagieren. Die Worte machten ihn wieder lebendig und er kam zu Jesus, wie er war. Jesus sagt auch zu uns mit seiner liebe- und machtvollen Stimme: «Komm heraus!» Komm aus deinen finsteren Gedanken, komm aus deiner Verzweiflung, komm aus deiner Hoffnungslosigkeit – zu mir! Kommt her, alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. Und Jesus liebt es, uns zu erquicken. Als Lazarus auferstanden war, beteiligte er wiederum die Umstehenden an der Sache. Sie sollten Lazarus die Grab- und die Schweisstücher wegnehmen. Damit wurden sie buchstäblich hautnah Zeugen davon, dass Lazarus wirklich auferstanden war. Die Sache schlug hohe Wellen. Jesus erreichte das damit, was er sich so sehnlich gewünscht hatte. Wie das Vers 45 sagt: «Viele nun von den Juden, die zu Maria gekommen waren und sahen, was Jesus tat, glaubten an ihn.» Es war kein theoretischer, sondern ein praktischer Glaube. Ein lebendiges Herzenswissen, ein Zeuge-Sein vom Sohn Gottes, der das Leben ist. Echter, aus konkretem Erleben entsprungener Auferstehungsglaube.
Zum Schluss:
Lesen wir nochmals die Leitverse 25 und 26: «Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das?»
Jesus will uns durch sein Wort Auferstehungsglauben schenken. Er spricht mit seiner liebevollen Stimme zu uns. Wie er Lazarus beim Namen genannt hat, nennt er auch uns beim Namen. Wenn wir seinem Wort glauben und es nicht nur als Theorie haben, kann er dieses wahr machen. Und mächtig wirken, egal in welcher Lage wir uns befinden. Gottvertrauen lernen wir, indem wir an einem Wort festhalten. Und den Wunsch haben, Gottes Herrlichkeit zu sehen. Und wenn wir diese gesehen haben, werden wir Zeuginnen und Zeugen von ihm sein. Das wird in uns einen Glauben geben, der aus direkt Erlebtem gespeist ist. Der wird nie mehr von uns weichen. Und wir erzählen dann auch denen, die wir kennen – und die wir zu Jesus einladen – gerne das Erlebte. Seien wir gespannt, was wir alles noch erleben werden mit dem HERRN und seinem wunderbaren, lebendigen Wort. Möge der HERR unsere Herzen weit öffnen für seine Liebe und uns festes Vertrauen auf ihn schenken. Möge er unsere Ostern reichlich segnen. Und in unserem Herzen neu den Auferstehungsglauben einpflanzen, auf dass dieser wächst und uns durch die Zeit trägt. Frohe, gesegnete Ostern!