Seid barmherzig

Lukas 6,36-49

Guten Morgen! Gott sei Dank, dass wir hier zusammen Gottesdienst feiern dürfen. Das ist ein grosser Segen. Es ist Sommer geworden. Die Schöpfung lebt auf, ebenso die Menschen. Viele freuen sich über die Sonne und die warmen Temperaturen. Ich weiss nicht, wie es euch geht, aber ich bin in der warmen Jahreszeit besonders empfänglich für Schönes. Auch für Gottes Liebe, die überall herumschwirrt. Jesu Licht spiegelt sich im Licht der Sonne und seine Liebe in den Gesichtern lieber Menschen. Gott ist da in seiner Barmherzigkeit. Bleiben wir dankbar dafür! Um Barmherzigkeit, Dankbarkeit sowie um die Beziehung zu Gott und den Menschen geht es auch im heutigen Wort.  – Lesen wir den Titel meiner Botschaft: «Seid barmherzig». Und lesen wir zusammen den heutigen Leitvers, Vers 36:

Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.

Lukas 6,36

Es war einmal ein kleines Mädchen, das hiess Wanda. Es war ein fröhliches, offenherziges Kind, das ein gutes Elternhaus hatte und gerne zur Schule ging. Eines Tages fand Wanda auf dem Heimweg eine grosse, wunderschöne Murmel. Die war ordentlich schwer, aber Wanda schaffte es, sie in ihren Schulranzen zu verfrachten; sie musste nur die Bücher rausnehmen und unter dem Arm tragen. Als sie weiterging, sah sie eine alte Frau, der gerade der Gehstock zu Boden fiel. Die versuchte vergeblich, den aufzuheben: Sie schaffte es nicht, da sie sich nicht mehr gut bücken konnte. Wanda eilte herbei und las den Stock auf. Beim Bücken aber fiel ihr die grosse Murmel aus dem Schulsack und zerschellte! Wanda wollte gerade aufschreien, als sie sah, was der Inhalt der Murmel war: viele kleine Murmeln, eine schöner als die andere! Dann hatte sich ihre gute Tat doch gelohnt, dachte sie. Während die alte Frau froh lächelnd weiterging, las Wanda alle Murmeln auf und tat sie in ihre Hosentaschen. Nicht lange war sie weitergegangen, als sie einen Jungen aus der Nachbarschaft traurig auf einem Mäuerchen sitzen sah. Sie wusste zwar nicht, was er hatte, und er wollte es auch nicht sagen. Aber sie schenkte ihm eine ihrer Murmeln, um ihn zu trösten. Von da an hatte Wanda immer Murmeln dabei, und wann immer es jemand brauchte, verschenkte sie eine. An den Mitschüler, der zum Zahnarzt einen Zahn ziehen gehen musste. An das Mädchen in der Klasse über ihr, von der die Urgrossmutter gestorben war. Und so weiter. Schliesslich hatte Wanda nur noch eine einzige Murmel; die schönste von allen. Die trug sie immer mit sich und freute sich über sie. Doch einige Tage später lief sie direkt an einen Unfall. Zwei Autos waren zusammengestossen. Mit in den Unfall verwickelt war auch ein grösserer Junge. Der schien fast unverletzt, aber er machte sich grausame Sorgen um seinen Vater, der am Steuer gesessen hatte. Wandas Herz wurde schwer vor Mitleid. Sie gab sich einen innerlichen Ruck und schenkte dem Jungen die Murmel; der nahm sie mit zitternder Hand entgegen. Am Sonntag derselben Woche hatte Wanda Geburtstag. Und bekam zwei grosse Geschenke, nebst den anderen. Erstens erfuhr sie, dass der Vater des verunfallten Jungen nicht ernsthaft verletzt und schon auf dem Weg zur Besserung war. Und zweitens, und sie hatte diesen Wunsch vor niemandem geäussert: Sie bekam einen ganz grossen Sack mit wunderschönen Murmeln geschenkt!

Dieses Mädchen machte da einiges richtig. Sie war dankbar für das Schöne, das sie bekommen hatte, aber auch bereit, es mit anderen zu teilen. Und sie ergriff die Initiative, wenn es darum ging, anderen etwas zu geben. Ihr Herz war offen für andere. Und Jesus will, dass das unser Herz auch ist.

Teil 1: Richtet nicht (Verse 36-42)

Wir haben von Gott ganz, ganz viel Gutes bekommen. Überall ist seine Liebe, überall ist sein Segen. Er vergibt uns sogar alle Sünden, und das liebend gerne, durch seinen Sohn Jesus Christus. Was hat dieser für uns gelitten, und das auch noch mit Freude, denn es war für unsere Errettung! Wenn wir über die Barmherzigkeit des HERRN nachdenken, gibt uns das Freude und Rührung. Und wenn wir dafür dankbar sind, bekommen wir Lust darauf, seine Liebe weiterzugeben. Wenn wir fasziniert sind von Jesus und seinem Umgang mit den Menschen, fragen wir danach, wie er das geschafft hat. Und versuchen, von ihm zu lernen. Das ist, was Gott will. «Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.» Er sagt nicht: Tut Barmherzigkeit, sondern: Seid barmherzig. Also nicht ein Tun aus Pflicht, sondern unser Wesen soll barmherzig sein. Glauben ist etwas, das gelebt und umgesetzt werden will. Nicht Theorie, sondern Praxis ist das, was Jesus lehrt. Leider werden wir rasch undankbar. Und es fällt uns nicht leicht, anderen Menschen zu vergeben. Und ebenfalls nicht, demütig zu sein gegenüber anderen Leuten. Wie gerne heben wir unsere Leistungen hervor, stellen uns über andere. Wie leicht folgen wir einem allgemeinen Vorurteil, wie rasch bewerten wir Menschen, Dinge und Situationen. In der heutigen Zeit wird alles Mögliche bewertet. Jede Firma bekommt unterschiedliche Anzahlen von Sternen auf der Plattform Kununu. Videos und Kommentare bekommen Likes und Dislikes. Der Button mit dem Daumen runter ist sehr rasch angeklickt. Doch wir müssen wissen: Wir haben kein Recht, andere Menschen zu richten! Das hat nur Gott. Richten wir andere, spielen wir gewissermassen Gott und stellen die göttliche Ordnung auf den Kopf. Und das kann auf uns zurückkommen. Wie es im Vers 37 steht; lesen wir den zusammen: «Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben.» Jesus hat für uns die Initiative ergriffen und hat zuerst nicht gerichtet, nicht verdammt und uns vergeben. Wenn wir Jesus ähnlich werden, sollen auch wir die Initiative ergreifen gegenüber unseren Mitmenschen. Meistens ist es zudem auch so, dass die Leute nicht zu uns kommen, sondern wir müssen zu ihnen kommen.

Wir tun Gutes, dann kommt Gutes zurück. Vers 38 sagt: «Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfliessendes Mass wird man in euren Schoss geben; denn eben mit dem Mass, mit dem ihr messt, wird man euch zumessen.» Geben ist seliger als Nehmen. Was bekommen wir dafür, wenn wir geben? Ein volles, überfliessendes Mass an Gutem. Überreichen Segen. Für das lohnt sich das Geben! Mit dem Mass, mit dem wir messen, werden wir auch gemessen. Tun wir nach dem himmlischen Prinzip und Massstab, bekommen wir das Himmelreich in unsere Herzen. Handeln wir dagegen lieblos, wird unser Herz finster werden ohne Liebe. Wenn wir eine Situation von vornhinein als schlecht verurteilen, werden wir nie Gottes Willen darin suchen. So verpassen wir denn auch die geistlichen Erkenntnisse, die wir hätten haben können, hätten wir die Lage einfach angenommen. Ja, nicht nur Menschen dürfen wir nicht verurteilen, sondern auch Situationen. Denn wir wissen im Grunde kaum etwas über sie und schon gar nicht, wie sie ausgehen werden. Im Paradies untersagte Gott Adam und Eva, vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen. Doch die Schlange verführte sie und sie assen dennoch von den Baumfrüchten. Da bekamen sie Erkenntnis, aber keine gute. Sie schämten sich für ihre Nacktheit. Versteckten sich vor Gott. Durch ihre Tat war ihre Beziehung mit Gott kaputtgegangen. Die Sünde hatte Einzug gehalten in das Wesen der beiden, und das vererbten sie auf ihre Nachkommen. Doch Gott hat in seiner unendlichen Barmherzigkeit Jesus in die Welt gesandt, der sich geopfert hat für unsere Sündenvergebung!

Wir wünschen uns Gottes Liebe und beten, dass unser Herz davon erfüllt werden möge. Das kann der HERR auch erfüllen. Aber noch viel nachhaltiger ist seine Liebe in uns, wenn wir ihn und andere Menschen lieben. Das ist eine aktive Liebe, ein Wollen, ein Dienen, ein Geben auch dort, wo wir von Mitmenschen keinen Dank erwarten. Ein Wirken für Gottes Werk, ohne gleich Resultate sehen zu wollen – die werden sich zu Gottes Zeit ja von allein einstellen. Darauf dürfen wir fest vertrauen. Man sagt zudem: Geteilte Freude ist doppelte Freude. Und mit der Liebe verhält es sich auch so. Geteilte, ausgeteilte Liebe ist x-fache Liebe! So füllt sich allmählich unser Herz mit der Liebe Jesu. Und wir verstehen sein liebendes Herz und werden ihm immer ähnlicher. Bis dass sein Licht aus unserem Wesen, unserem Tun und unserem Reden strahlt. Was für ein grosser Segen werden wir dann für unsere Mitmenschen sein!

Gebt, so wird euch gegeben. Mich erinnert diese Bibelstelle an unsere Gemeinde letzten Sommer. Wir sind eine kleine Gemeinde und unser Budget ist beschränkt. Und doch hatten wir die Gelegenheit, zu geben. Unser Bruder im Glauben, Abraham, war in Geldnot. Er konnte seine Studiengebühren nicht bezahlen. Das waren 6000 Franken. Wir wussten: Würden wir das Geld geben, wären unsere Gemeindefinanzen nahe am Minimum. Zudem war ich damals auch sehr knapp bei Kasse und arbeitslos. Ich hätte das Geld gut für eine Weiterbildung gebrauchen können. Doch wir bezahlten die Studiengebühren für Faith. Der HERR segnete uns und ihn. Er bekam eine Stelle und holte sich die Bestnote und eine Auszeichnung für seine Abschlussarbeit. Das Gemeindebudget erholte sich überraschend schnell. Nach dem Sommer konnte ich eine Praktikumsstelle antreten. Und daraus ist eine feste Stelle geworden! Nach ganzen 15 Jahren ohne fixen Job geschah das Wunder, und ich hatte den unbefristeten Arbeitsvertrag. Das Ganze ist kein Zufall, da bin ich mir zu 100% sicher.

An vielen Bibelstellen ermahnt uns Jesus zur Demut. So auch hier. Lesen wir gemeinsam die Verse 39 und 40: «Er sagte ihnen aber auch ein Gleichnis: Kann denn ein Blinder einem Blinden den Weg weisen? Werden sie nicht alle beide in die Grube fallen? Ein Jünger steht nicht über dem Meister; wer aber alles gelernt hat, der ist wie sein Meister.» Wir sollen uns nicht anmassen, uns über andere Menschen zu stellen und schon gar nicht über den HERRN. Um Leaders zu werden, brauchen wir zuerst vom HERRN Liebe, Demut und Weisheit zu lernen und zu bekommen. Sonst werden wir blinde Blindenführer, und weder wir noch die von uns Geführten werden so auf den Weg Gottes finden. Viele Menschen nennen sich Christen. Sie kennen die Bibel und haben auch schon Gebote des HERRN auf dem Schirm. Leider oft am besten die, die andere Menschen in ihrem Umfeld nicht einhalten. Dann kritisieren sie gerne und heben den Moral-Zeigefinger: «Hey, du sollst so tun und nicht so. Mach das nicht, das ist Sünde. Das und das ist verboten gemäss der Bibel!» Aber kritisiert man nicht mit Vorliebe das an anderen Menschen, was man selber falsch macht? Wie kann man Sünde anprangern, wenn man selber womöglich noch die grössere Sünde hat? Darüber lehrt uns Jesus mit einem Gleichnis; lesen wir die Verse 41 und 42: «Was siehst du den Splitter in deines Bruders Auge, aber den Balken im eigenen Auge nimmst du nicht wahr? Wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt still, Bruder, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen, und du siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, danach kannst du sehen und den Splitter aus deines Bruders Auge ziehen.» Unsere Mitmenschen haben Fehler, die wir gut wahrnehmen können. Aber eigentlich sind es kleine Dinge. Die Defizite, die wir haben, sind vielleicht ungleich grösser. Unsere Glaubensgeschwister haben Splitter in den geistlichen Augen, wir aber haben einen ganzen Balken. Und wer weiss, ob der Splitter meines Bruders nicht sogar von meinem Balken abgesprungen ist, durch schlechten Einfluss? Also sollen wir zuerst auf unseren Balken, auf unsere eigene Sünde schauen. Und Busse tun und unseren Hick in der Beziehung zum HERRN kitten lassen. Wenn uns die Sünde vergeben ist und wir sie nicht mehr tun, dann können wir uns erst richtig um die Sünde anderer kümmern. Nämlich indem wir sie auf die richtige Weise thematisieren. Mit Liebe, Weisheit, Umsicht und doch ganz klar. Wir kommunizieren Sünden anderer erst dann richtig, wenn die angesprochene Person weiss: Der / die sagt es zu meinem Guten. Nur so lassen sich die Angesprochenen etwas sagen und werden nicht verletzt oder beleidigt. Und so führen wir sie zur Busse.

Teil 2: Jesu Wort hören und auch tun (Verse 43-49)

Ganz viele Gläubige suchen in allererster Linie den Segen Gottes. Sie wollen gerne etwas empfangen, aber nicht unbedingt etwas tun und etwas hingeben für den HERRN. Sie freuen sich über schöne Bibelworte, mächtige Gebetserhörungen und materielle Segnungen. Gegen diese ist absolut nichts einzuwenden. Aber bei dem bleibt es nicht. Macht nicht echte Dankbarkeit, dass man dem HERRN etwas zurückgeben will? Handelt nicht jemand, der Gottes Liebe angenommen hat, gerne nach Gottes Wort? Gläubig ist man nicht, wenn man sich gläubig nennt, regelmässig in die Kirche geht oder die Bibel gut kennt. Gläubig ist man, wenn man die persönliche Beziehung zu Gott und Jesus hat. Menschen, die Jesus nicht im Herzen haben, können bisweilen ganz schön fromm tun. Aber früher oder später verraten sie sich selbst, dass sie den HERRN nicht wirklich haben. Jesus benutzt hier die Metapher der Bäume, die ihre Früchte bringen. «Denn es gibt keinen guten Baum, der faule Frucht trägt, noch einen faulen Baum, der gute Frucht trägt. Ein jeder Baum wird an seiner eigenen Frucht erkannt. Denn man pflückt nicht Feigen von den Dornen, auch liest man nicht Trauben von den Hecken.» Das leuchtet ein. Wir beobachten an unseren Pflanzen im Garten oder auf dem Balkon, dass sie keine Früchte machen, wenn sie am Serbeln sind. Wir wissen, dass es von Unkraut keine Früchte gibt, und wir reissen das Unkraut aus, damit es die nützlichen Pflanzen nicht erstickt. Faule Pflanzen sterben ab und sind nur noch als Kompost nützlich, um neue Erde zu geben.

Wie ist das mit den guten und den schlechten Früchten auf die Menschen übertragbar? Hier wird Jesus direkt. Lesen wir zusammen den Vers 45: «Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus dem guten Schatz seines Herzens; und ein böser bringt Böses hervor aus dem bösen. Denn wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.» Was Menschen im Herzen haben, kommt früher oder später an die Oberfläche. Das Herz ist die Quelle von immer neuen Gefühlen, Worten und Gedanken – entweder von lauter positiven oder von lauter negativen. Darum ist es so wichtig, dass wir unser Herz in Ordnung bringen, also die Beziehung zu Gott und Jesus pflegen. Wie unser Herz aussieht, so sieht auch unser Tun und Reden aus. Wer Jesu Liebe im Herz hat, lässt diese Liebe an andere weiterfliessen. Und macht keinen Hehl daraus, woher er oder sie diese Liebe hat. So werden andere auch neugierig auf diesen wunderbaren Jesus. Umgekehrt merkt man es früher oder später, wenn jemand keine oder keine intakte Beziehung zum HERRN hat. So ein Mensch hat zum Beispiel Wut in seinem Herzen. Dann redet er bisweilen sanft und freundlich, aber irgendwann kommt eine Situation, die ihn sauer macht, und dann schimpft und donnert er los. Nicht gläubige Menschen können sich hervortun mit guten Taten, aber ihre Selbstgerechtigkeit ist kein Segen für andere. Natürlich ist es toll und oft auch nötig, wenn sie Gutes tun. Aber sie verbreiten nicht die Lehre vom Evangelium, sondern geben weltliche Erkenntnisse weiter. Sie meinen, ohne Gott leben zu können, und beeinflussen damit leider auch andere. Einmal mehr sehen wir, was für ein Segen hingegen Menschen sind, die aus dem Glauben heraus Gutes tun! Denn sie bringen nicht nur praktische Hilfe, sondern sie führen andere Menschen zu Jesus, zum Glauben und damit zu Errettung und Leben.

Was sind das für Menschen, die einen bösen Schatz in ihrem Herzen haben? Das sind zum einen Gottlose. Aber zum anderen auch Christen und Christinnen, die ihren Glauben nicht mit Leben füllen wollen. Sie sagen zu den Worten, die sie in der Bibel lesen und in Predigten hören, eifrig «Amen!» Sie beten und erwarten, dass Gott sie erhört. Doch sie wollen bequem in ihrem alten Leben bleiben und lassen sich vom HERRN nichts sagen. Sie hören nur das aus seinen Worten, was sie hören wollen. Die tadelt Jesus: «Was nennt ihr mich aber Herr, Herr, und tut nicht, was ich euch sage?» Wahrscheinlich fühlen wir alle uns ein bisschen ertappt, wenn wir diese Worte Jesu hören. Sind nicht auch wir gerne bequem, wollen wir nicht auch liebgewonnene Gewohnheiten behalten, auch wenn sie uns am Gott Dienen hindern? Es ist gut, dass uns Jesus Solches sagt. Lassen wir uns davon aufrütteln. Es ist nur zu unserem Guten. Und zum Guten unserer Mitmenschen. Gott liebt uns so, wie wir sind. Aber er will uns nicht so lassen, wie wir sind. Er will uns geistliches Wachstum geben. Glauben ist learning by doing. Wenn wir tun, was Jesus uns lehrt, gibt uns das einen geistlichen Boost am anderen. Beginnen wir mit dem Umsetzen einzelner konkreter Worte. Denn alles auf einmal können wir nicht machen. Und entdecken wir, wie reich uns das macht, wenn wir dem HERRN gehorchen!

Ungehorsam gegenüber Gott ist aber auch in einer anderen Hinsicht ein Problem. Wir festigen so unsere Beziehung zum HERRN nicht. So wird er nicht unser Fundament und unser Halt im Leben. Wenn dann Stürme auftauchen im Leben, wenn wir Schwierigkeiten bekommen, dann wird es echt übel für uns. Lesen wir gemeinsam die Verse 47 bis 49: «Wer zu mir kommt und hört meine Rede und tut sie – ich will euch zeigen, wem er gleicht. Er gleicht einem Menschen, der ein Haus baute und grub tief und legte den Grund auf Fels. Als aber eine Wasserflut kam, da riss der Fluss an dem Haus und konnte es nicht erschüttern; denn es war gut gebaut. Wer aber hört und nicht tut, der gleicht einem Menschen, der ein Haus baute auf die Erde, ohne Grund zu legen; und der Fluss riss an ihm, und es fiel gleich zusammen, und der Einsturz dieses Hauses war gewaltig.» Der erste Mensch im Gleichnis machte sich die Mühe, einen guten Standort für sein Haus zu finden. Dann bearbeitete er den harten Untergrund, bis er ein gutes Fundament für das Haus machen konnte. Auf diesem baute er das Haus, das einen festen Stand hatte. Als es Hochwasser gab, konnten die Wasser nicht unter das Fundament fliessen. Das Haus stand fest gegründet auf gutem Boden und war stabil. Daher konnte ihm die Flut nichts anhaben. Das Gebäude schwankte nicht, und vermutlich musste man nicht einmal Wasser aus dem Keller pumpen. Der zweite Mensch wollte offenbar Zeit, Kosten und Mühe sparen. Daher nahm er einen Untergrund für sein Haus, der leicht zu bearbeiten war. Er dachte, dass ein Fundament nicht zwingend notwendig sei für das Gebäude. Und baute einfach drauf los. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es in der Gegend Hochwasser geben konnte. Doch genau das geschah. Und wusch, hatten die Wasser das Haus umspült. Sie rissen daran und schon stürzte das Haus mit grossem Getöse ein. Das unheilvolle Spektakel entsetzte nicht nur den Hausbauer, sondern auch gleich noch die umstehenden Menschen. Der Einsturz war gewaltig. Und so wird der Fall der Menschen, die sich nicht an den HERRN gehalten haben, ebenfalls gewaltig sein. Nämlich sehr tief. Schlimmstenfalls bis in die Hölle. Riskieren wir das nicht, lassen wir es nicht so weit kommen! Wenden wir uns an den HERRN und lassen uns seine Liebe schenken. Vertrauen wir ihm und dem, was er uns sagt und wohin er uns führt. In einem Lied heisst es: «Wer ihm heute fest vertraut, hat auf keinen Sand gebaut. Jesus lebt…» Und genau so ist es.

Zum Schluss

Lesen wir nochmals zusammen den Leitvers, Vers 36: «Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.»

Der HERR ist barmherzig, durch und durch. Es war und ist sein Wille, uns unsere Sünden zu vergeben und unsere Beziehung zu ihm vollkommen wiederherzustellen. Für das ist er bis zum Äussersten gegangen. Er hat seinen eigenen Sohn auf die Erde geschickt und ihn schliesslich am Kreuz geopfert als Sühneopfer für uns. Was wir verschuldet haben, hat Jesus für uns getragen. Sein am Kreuz vergossenes Blut ist eine nie versiegende Quelle der Sündenvergebung. Aus dieser dürfen wir aus dem Vollen schöpfen und Gnade um Gnade nehmen.

Die Liebe des HERRN zu uns ist unendlich gross und tief. Wenn wir über sie nachdenken, werden wir davon fasziniert. Und bekommen im Idealfall den Wunsch, selber auch so eine Liebe zu haben. Eine, die alle Menschen umschliesst und einbezieht. Eine, die keinerlei Vorbedingungen stellt und die im Sinn hat, andere Menschen zu Leben und Rettung zu bringen. Eine, die anderen vergibt, egal was sie getan haben. Eine Trotzdem-Liebe, sozusagen. Und das Schönste: Wir können eine solche Liebe auch haben respektive lernen! Schauen wir auf Jesus, was er getan hat. Es braucht Willenskraft und Selbstüberwindung, ihm alles gleichzutun beziehungsweise in seinem Sinn zu handeln. Wir werden zwar nie gleich sein wie er. Aber, wie das heutige Wort ja auch sagt: Wenn der Jünger alles gelernt hat, ist er wie sein Meister. Wie können wir Barmherzigkeit und Liebe ins Herz bekommen? Zum einen durch das Tun: anderen zu helfen, anderen Gottes Wort weiterzugeben, anderen zu verzeihen. Zum anderen durch Loslassen. Nämlich durch das uns Lossagen von Vorurteilen, Richtergeist und dergleichen. Wir haben kein Recht, andere zu richten. Denn wir sind selber Sünder und vollkommen auf Gottes Gnade angewiesen. Wären wir ohne Sünde, so dürften wir den ersten Stein werfen; aber das sind wir nicht, egal wie sehr wir uns um ein frommes Leben bemühen. Nehmen wir in Demut unseren Balken im Auge an. Kümmern wir uns um diesen, bevor wir den Splitter aus dem Auge unseres Glaubensgeschwisters ziehen. Bekennen wir uns demütig als den grössten Sünder / die grösste Sünderin. Auch darin ist uns Jesus ein Vorbild: Er nahm die Höchststrafe für den schlimmsten Schwerverbrecher an. Obwohl er ja ganz ohne Schuld war als Gottes Sohn! Er war der Allerdemütigste auf Erden. Und wurde daher von seinem Vater im Himmel erhöht als der Allerhöchste! Er besitzt den Namen, der über allen Namen ist. Ihm sei Ruhm und Ehre, Halleluja!

Weiter sehen wir im heutigen Wort, dass der HERR will, dass wir sein Wort nicht nur hören. Wir sollen es auch tun, also unseren Glauben mit Leben füllen. Sonst bleiben wir immer im geistlichen Status Quo. Ungehorsam ohne Ende würde uns denn auch zum Abfall und damit in die Verdammnis bringen. Lassen wir es nicht so weit kommen. Beten wir lieber dafür, dass der HERR uns offene Herzen und offene geistliche Sinne für ihn und sein Wort schenken möge. Er liebt solche Gebete und hört uns genau zu, wenn wir sie sprechen. Und plant deren Erhörung vor. Befassen wir uns viel mit Gottes Wort, denn das wird unser Herz und unsere Gedanken automatisch auch beeinflussen. Denken wir tief über Gottes Wort nach. Möge Jesus unsere Herzen voll erfüllen mit seiner Liebe. Ein volles Mass, ein gerütteltes Mass, ein überfliessendes Mass. Amen!